Mit knapper Mehrheit hat Waiblingen den Hebesatz für die Gewerbesteuer erhöht, denn das Geld fehlt an allen Ecken. Doch was hat es mit den Plänen für ein Flusspferdgehege auf sich?
Erstmals seit 14 Jahren erhöht die Stadt Waiblingen den Hebesatz für die Gewerbesteuer von 360 auf 380 und nimmt dadurch voraussichtlich fast vier Millionen Euro ein. Das hat der Gemeinderat am Donnerstagabend mit knapper Mehrheit beschlossen. Die FDP-Fraktion, die beantragt hatte, den bisherigen Hebesatz von 360 beizubehalten, scheiterte mit ihrem Antrag.
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Julia Goll hatte argumentiert, man könne die Wirtschaft, die sich ohnehin in einer schwierigen Lage befinde, nicht über Gebühr weiter belasten. Auch Hermann Schöllkopf (CDU) sprach von einem falschen Signal und kritisierte: „Wir haben in den fetten Jahren über unsere Verhältnisse gelebt.“ Siegfried Bubeck (DFB/FW) hingegen erinnerte daran, dass man in den guten Jahren eine Erhöhung stets abgelehnt habe – mit dem Argument, das sei eine Maßnahme für schlechte Zeiten. Nun, da diese da seien, müsse auch gehandelt werden.
Erhöhung trotz „großem Bauchweh“
Die zusätzlichen Millionen sind nach den Schilderungen des Waiblinger Stadtkämmerers dringend nötig. „Uns fehlen drei Millionen Euro für einen genehmigungsfähigen Haushalt“, erklärte Fatih Ozan den Stadträtinnen und Stadträten. Die mussten während einer mehrmals unterbrochenen sechsstündigen Sitzung darüber beraten und entscheiden, wofür die Stadt in diesem Jahr Geld ausgibt und wie viel.
„Die Macht der Zahlen gibt nichts anderes her. Wenn wir eine Chance auf einen genehmigungsfähigen Haushalt haben wollen, müssen wir das tun“, begründete Oberbürgermeister Sebastian Wolf die Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer. Ein genehmigungsfähiger Haushalt sei die Voraussetzung dafür, dass die Stadt neue Großprojekte angehen dürfe. Die Verwaltung habe in mehreren Sparrunden versucht, „alles, was ging“ aus dem Haushalt herauszuholen, aber es gebe nun mal nicht sehr viele Stellschrauben. Neben der Grundsteuer, bei der die Kommune sich zur „Aufkommenneutralität“ verpflichtet hat – sprich: Unter dem Strich sollen hier keine Mehreinnahmen erzielen – bleibe daher nur die Gewerbesteuer als zusätzliche Einnahmequelle.
„Es geht nicht ohne einen Schnitt an dieser Stelle“, sagte Wolf – selbst wenn dieser „großes Bauchweh“ verursache. Trotz der Erhöhung bleibt die Stadt Waiblingen mit Blick auf vergleichbare Kommunen weiterhin das Schlusslicht: Im benachbarten Fellbach gilt ab 2025 ein Hebesatz von 415 Prozent, Schorndorf liegt bei 405 und Weinstadt sowie Backnang bei 385 Prozent.
Bei Gewerbesteuer-Hebesatz Schlusslicht
Die Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes war am Donnerstag einer der wenigen endgültigen Beschlüsse. Viele andere Entscheidungen wurden vertagt und für eine erneute Beratung zurück in die zuständigen Ausschüsse verwiesen. So dreht zum Beispiel der Antrag der Arbeitsgemeinschaft Waiblinger Sportvereine, die sich einen Zuschuss zu den Instandhaltungskosten ihrer Sportstätten wünschen, eine weitere Runde im Ausschuss. Auch über das geplante Haus der Musik wird nochmals beraten, gleiches gilt für den Wunsch des Stadtseniorenrats, eine öffentliche Toilette im Landschaftspark Talaue einzurichten – und zwar als barrierefreie Komposttoilettenanlage.
Schmidener Straße dreht weitere Runde
Auch die rund 3,2 Millionen Euro teure Sanierung der Schmidener Straße kommt erneut auf den Prüfstand. Auslöser dafür war ein Antrag aus der Bürgerschaft, der anregt, den Bereich an der Kreuzung Fuggerstraße zu belassen, die Bushaltestelle „Schmidener Straße“ ersatzlos zu streichen und die Station „Fröbelstraße“ stadteinwärts zu verlegen. Das würde Kosten sparen und die Grünanlage nebst Baum erhalten.
Die CDU verlangte von der Verwaltung auch pauschale Kürzungen: zwei Millionen Euro weniger fürs Personal, eine Million weniger bei Sachkosten. Die FDP wollte die Verwaltung dazu verpflichten, generell zwei Prozent weniger auszugeben bei Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen und Geschäftsaufwendungen. Der Oberbürgermeister versicherte, der aktuelle Haushalt sei nach sechs internen Sparrunden, bei denen sechs Millionen Euro eingespart wurden „völlig auf Kante genäht“. Er schlug aber vor, als Ziel bei den Beratungen der beschlossenen Strukturkommission eine Einsparung von einer weiteren Million Euro als Ziel zu setzen.
Flusspferdgehege an der Rems?
Wenig vergnügliche Aussichten für Gemeinderat und Verwaltung. Da kam ein Vorschlag der Grünen als Stimmungsaufheller gerade recht: Die Fraktion hatte den Bau eines Flusspferdgeheges an der Rems beantragt, um „der Vereinsamung der dort lebenden Hochlandrinder entgegenzuwirken“. Die Dickhäuter brächten als Touristenmagnet mit Merchandise-Produkten und durch den Verkauf von Jungtieren Geld in die klamme Stadtkasse, hieß es. Mancher im Gremium witterte da die Chance auf eine Studienreise nach Afrika. Doch die Grünen-Fraktion zog zurück: Angesichts von Versuchen in den USA, Wollhaarmammuts nachzuzüchten, wolle man lieber warten und später eventuell einen Dino-Park beantragen.