Markus Söder und Armin Laschet haben beide zur Wahlniederlage der Union beigetragen. Foto: AFP/CHRISTOF STACHE

Der CDU-Chef geht. Die Unionsniederlage geht aber auch auf das Konto des CSU-Vorsitzenden, kommentiert Christopher Ziedler

Berlin - Zwei Päpste hat Angela Merkel als Bundeskanzlerin erlebt, am Donnerstag verabschiedete sie sich in einer Privataudienz von Franziskus. Parallel berieten in der Berliner Messe die möglichen neuen Regierungsparteien über die Post-Merkel-Zeit – ohne deren Christdemokraten, die überdies im Streit ihren Vorsitzenden verlieren. In der Theorie wusste man stets, wie schwer der Machterhalt nach Merkel werden würde, in der Praxis kommt das erst jetzt an. Als besonders bitter empfinden sie es in der Union, dass das Kanzleramt nicht nur leichtfertig aus der Hand gegeben worden sein könnte, sondern vielleicht sogar mit Kalkül.

 

Für die inhaltlichen Leerstellen im Wahlprogramm, die bei dem Klimaschutz oder der Sicherheitspolitik erst spät, im Sozialen gar nicht gefüllt wurden, zeichnet CDU-Chef Armin Laschet verantwortlich. Der Kanzlerkandidat lieferte eine Fülle unglücklicher Auftritte und Äußerungen, die sich im medialen Empörungsumfeld zum Zerrbild eines unwählbaren Politikers verdichteten. Laschet zieht nun die Konsequenzen und hat angekündigt, den Chefsessel im Adenauerhaus nach einem Sonderparteitag zu räumen – und wie in der Düsseldorfer Staatskanzlei einen geordneten Übergang zu organisieren. Er steht der Erneuerung nicht mehr im Weg.

Laschets Schwächen in Erinnerung gerufen

Die Unionsniederlage trägt aber auch Markus Söders Namen: Der CSU-Chef hat nie verwunden, bei der Kandidatenkür ausgebootet worden zu sein. Statt sich wie Merkel im Wahlkampf 2002 hinter Edmund Stoiber zu stellen, musste Söder immer wieder an seine große Gefolgschaft in Laschets CDU erinnern und stellte so dessen parteiinternen Rückhalt infrage. Stets gab er zu erkennen, dass er sich selbst für den Besseren hielt. Selbst in vermeintlichen Verteidigungsreden forderte er Debatten über Inhalte statt Laschets Lacher – und rief ihn dadurch immer wieder ins Gedächtnis.

Als vorläufiger Höhepunkt unionsinterner Illoyalität darf gelten, dass Söder einseitig die Option Jamaika „de facto“ vom Tisch nahm – obwohl Grüne und Liberale das nicht endgültig getan hatten. Nach außen mag das wie eine überfällige Anerkennung der Realität klingen, wo im Sinne guter politischer Kultur viel für eine Koalition der roten, grünen und gelben Wahlgewinner spricht. Nach innen war es fast infam: Laschets Notfallplan, mit seinem guten Draht zur FDP einzuspringen, falls die sozialliberalen oder grün-gelben Differenzen doch zu groß wären, wurde jäh durchkreuzt. Es ist bezeichnend, dass Laschet zeitgleich mit der Rückzugsankündigung sein Jamaika-Gesprächsangebot erneuerte – auch ohne ihn als Kanzler.

Den Kanzlereignungstest nicht bestanden

Als Söders Motive werden eine gute Ausgangslage für die Bayernwahl 2023 und eigene Ambitionen bei der Bundestagswahl 2025 vermutet. Unabhängig davon, dass es ohne eine gewisse Ruchlosigkeit im harten Politikgeschäft kaum geht, kann man es auch übertreiben. Viele in der CDU haben Söder die Wandlung zum jovial-modernen Staatsmann nie abgenommen und sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt. Gehört es somit zu Laschets bleibendem Verdienst, dem umfragebeliebten CSU-Chef die Kanzlerchance verwehrt zu haben? Zumindest lässt sich sagen, dass auch Söder den Kanzlereignungstest zuletzt nicht bestanden hat.

Wohin es führen kann, wenn eine repräsentative Parteiendemokratie Züge einer One-Man-Show annimmt, lässt sich gerade in Österreich erleben. Der Union ist dringend davon abzuraten, sich bei ihrer Neuaufstellung an Sebastian Kurz zu orientieren. Echte Politik braucht zeitgemäße Inhalte und integre Personen, die sie glaubhaft verkörpern. Im bisherigen CDU-Bewerberfeld gibt es diesbezüglich Luft nach oben.