Jürgen Klaffke und die Kaktus-Initiative verklagen ihre eigene IHK Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

In der Vollversammlung der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer sitzen nicht nur gewählte Mitglieder. Einige – auch prominente – Vertreter wurden erst später dazu geholt. Dagegen klagen jetzt einige Mitglieder beim Verwaltungsgericht.

Stuttgart - Der Konflikt in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart spitzt sich zu. Dabei geht es um die Frage, ob die Vollversammlung der Kammer, also das Parlament der regionalen Wirtschaft und Vertretung von 160 000 Betrieben, in seiner bisherigen Besetzung weiterarbeiten kann. Eine Klage am Stuttgarter Verwaltungsgericht soll genau das verhindern.

Eingereicht haben den Klagesatz am Dienstag die Mitglieder der sogenannten Kaktusgruppe. Die Kammerkritiker, die sich unter anderem gegen die Pflichtmitgliedschaft von Betrieben in der IHK wenden, sitzen mit diversen gewählten Vertretern selbst in der Vollversammlung. Sie stören sich daran, dass nicht alle der derzeit 110 Vollversammlungsmitglieder direkt von den Mitgliedsunternehmen gewählt worden sind.

17 wurden erst danach kooptiert, also von der Versammlung selbst hinzugewählt. Sechs von ihnen haben Kollegen ersetzt, die vorzeitig aus dem Ehrenamt ausgeschieden sind, elf weitere wurden dazugeholt, um den Branchenmix der Region besser abzubilden. Zu ihnen gehören prominente Vertreter wie Flughafenchef Georg Fundel oder Unternehmer Ferdinand Piëch.

Die Kaktusgruppe hält diese Zuwahl für undemokratisch – und hat jüngst Aufwind durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bekommen. Darin wird die Wahlordnung einer IHK am Niederrhein mitsamt der Kooptation als nicht rechtmäßig eingestuft. Die Kaktus-Initiative hält das Urteil für flächendeckend gültig. „Wir klagen nicht aus Jux und Tollerei. Die Rechtslage ist eindeutig. Die IHK weigert sich schlicht, gewisse Realitäten anzuerkennen“, sagt Jürgen Klaffke von der Kaktusgruppe.

Die Wahlordnung ist inzwischen geändert

Allerdings hat die Stuttgarter IHK ihre Wahlordnung inzwischen geändert. Zur Klage selbst will sich Hauptgeschäftsführer Andreas Richter nicht äußern, bevor er den genauen Wortlaut kennt. Er geht jedoch davon aus, dass sich das Thema von allein erledigen könnte. „Die neue Wahlordnung soll vom 1. November an gelten. Dann könnte man auf der Sitzung im Dezember eine neue Zuwahl machen.“ Dafür müssten die bisherigen Zugewählten allerdings formal zurücktreten und sich neu aufstellen lassen.

Richter fürchtet, dass genau dies schwierig werden könnte: „Man versucht hier gezielt, den Leuten das Ehrenamt madig zu machen.“ Die IHK und ihre Gremien würden von der Kaktusgruppe mit Anträgen und Klagen geradezu überzogen. „Etwas Konstruktives können wir darin nicht erkennen – und nichts, was den Unternehmen in unserer Region etwas bringt“, so Richter.