Am Dienstag soll nochmal über die Wahlrechtsreform beraten werden. Foto: dpa

In rund einer Woche will Ministerpräsident Kretschmann das Thema Wahlrechtsreform vom Tisch haben. Doch es sieht nicht danach aus, dass sich die CDU-Fraktion bewegt. Die Grünen appellieren mit deutlichen Worten an den Koalitionspartner.

Stuttgart - Die Grünen-Landeschefs haben vor einer neuen Koalitionskrise gewarnt, falls die CDU-Landtagsfraktion weiterhin keine Wahlrechtsreform mitträgt. „Die CDU-Landtagsfraktion verletzt mit ihrer bisherigen Verweigerungshaltung den Koalitionsvertrag und belastet die Zusammenarbeit innerhalb der grün-schwarzen Koalition schwer“, teilten die beiden Vorsitzenden Oliver Hildenbrand und Sandra Detzer am Montag in Stuttgart mit. An diesem Dienstag will die CDU-Fraktion in Stuttgart noch einmal über das Thema beraten.

Im Januar hatte sie gegen eine Reform votiert und damit eine Koalitionskrise ausgelöst. Am Dienstag kommender Woche soll der Koalitionsausschuss das Thema nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) abschließend beraten. Grüne und CDU hatten im Koalitionsvertrag eine Reform vereinbart, um mehr Frauen in den Landtag zu bringen. Wie ein gemeinsamer Kompromiss aber aussehen könnte, ist nach wie vor unklar. Möglich ist deswegen auch, dass das Thema am 24. April für diese Legislaturperiode begraben wird.

Strobls Vorschlag kaum Chance auf Umsetzung

Die Grünen-Landeschefs erklärten: „Bleibt die CDU-Landtagsfraktion bei ihrem Nein zu einer Reform des Landtagswahlrechts, stellt sie den erfolgreichen Kurs der Koalition als Kompromisskoalition in Frage.“ Eine Koalition aus ungleichen Partnern funktioniere nur mit Verantwortungsbewusstsein und Kompromissbereitschaft. „Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart muss Führungsstärke beweisen und zeigen, dass er mehr sein kann als der grinsende Häuptling der Nein-Sager.“ Reinhart müsse seine Abgeordneten davon überzeugen, dass jetzt Bewegung statt Blockade nötig sei. Ansonsten gerate die Koalition erneut in schwieriges Fahrwasser.

Beim derzeitigen Wahlrecht haben die Wähler eine Stimme. In den 70 Wahlkreisen ist der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinen kann. Zudem gibt es 50 Zweitmandate, die bisher an die Kandidaten gehen, die zwar ihren Wahlkreis nicht gewonnen haben, aber im Vergleich zu anderen Direktkandidaten ihrer Partei in einem der vier Regierungsbezirke die meisten Stimmen erhalten haben. Bei den Reformdebatten geht es um die Verteilung dieser 50 Zweitmandate. Die Grünen wollen, dass mindestens 25 Zweitmandate über eine Liste vergeben werden, auf die Frauen weit nach vorn gesetzt werden können.

Kaum noch eine Chance auf Umsetzung wird dabei einem Vorschlag von Innenminister Thomas Strobl (CDU) zugemessen. Demnach soll jede Partei selbst entscheiden, ob sie die Zweitmandate nach dem bisherigen Verfahren vergibt oder sie über das neue Instrument einer Liste verteilt werden. Kritiker halten das aber für zu kompliziert.