Die Wahlrechtsreform ist auch an die Machtfrage zwischen Strobl und Reinhart geknüpft. Foto: dpa

Im Streit um die Änderung des Wahlrechts, sollte die Landes-CDU rasch zur Ruhe kommen, findet unser Autor Nils Mayer. Dass einzelne Punkte eines Koalitionsvertrags nicht umgesetzt werden, sei nichts Ungewöhnliches.

Stuttgart - Die Landes-CDU steckt in einem Dilemma: Das Thema Wahlrechtsreform ist mit der Machtfrage zwischen Fraktionschef Wolfgang Reinhart und Landesparteichef Thomas Strobl verknüpft – und wird es auch bleiben. Der Entscheidung in der Sache dient das kein bisschen. Dabei liegt die Fraktion mit ihrer ablehnenden Haltung zur Reform richtig. Das derzeitige Wahlrecht ist basisdemokratischer, bürgernäher. Eine Liste würde nur den Einfluss der Parteizentralen stärken.

Jetzt soll es Gespräche mit anderen Fraktionen geben. Doch wofür? Knickte die CDU-Fraktion danach ein, würde sie sich komplett unglaubwürdig machen. Entweder werden die Gespräche also ergebnislos verlaufen oder in einen faulen Reform-Kompromiss münden. Womöglich einer, der den Landtag aufbläht und damit zulasten der Steuerzahler geht. Das kann nicht die Lösung sein. Zumal es nichts Ungewöhnliches ist, dass einzelne Punkte eines Koalitionsvertrags nicht umgesetzt werden.

Auch die SPD hat einst Vorhaben ausgesessen

Das sollte auch die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier nicht vergessen, die derzeit keine Gelegenheit auslässt, Grün-Schwarz zu kritisieren und auf eine Einhaltung des Koalitionsvertrag zu pochen. In der vergangenen Legislatur war es die SPD, die ein Vorhaben ausgesessen hat, das den Grünen wichtig war: die Kennzeichnungspflicht für Polizisten.

Lediglich Reinharts Vorgehen, noch vor den Gesprächen mit dem grünen Koalitionspartner einen Beschluss seiner Fraktion herbeizuführen, war nicht die feine Art. Der Stil hat nicht nur die Grünen massiv verärgert – er spaltet auch die Landes-CDU. Dass die Partei den Streit über die Reform jetzt öffentlich austrägt, beschädigt ihr Ansehen. Deshalb sollte die CDU rasch wieder zur Ruhe kommen – auch wenn es schwerfällt.

nils.mayer@stuttgarter-nachrichten.de