Im Landtag von Baden-Württemberg sind die Frauen unterrepräsentiert. Das soll sich ändern. Foto: dpa

Jahrelang wurde um eine Wahlrechtsreform gestritten, nun rückt sie in greifbare Nähe: Grün-Schwarz hat sich darauf verständigt, ein neues Landtagswahlrecht einzuführen. Das Ziel ist: mehr Frauen im Parlament.

Stuttgart - Grüne und CDU haben sich darauf verständigt, die Reform des Landtagswahlrechts anzugehen. Ziel ist die Einführung einer Landesliste, die es bisher bei der Landtagswahl nicht gibt. So sollen die Parteien mehr Einfluss darauf bekommen, welche Kandidaten über das Zweitmandat in den Landtag einziehen. Die Befürworter hoffen, dass so die Gesellschaft besser im Parlament abgebildet werden kann und dass vor allem mehr Frauen in den Landtag einziehen. Die Direktmandate bleiben unangetastet.

Gemeinsame Arbeitskreise

In gemeinsamen Arbeitskreisen sollen die Fraktionen von Grünen und CDU bis zum Jahresende Eckpunkte für die Reform erarbeiten. Die Federführung liegt bei den Landtagsfraktionen, aber auch Parteivertreter werden an den Eckpunkten mitarbeiten. Die Grünen-Landesvorsitzende Sandra Detzer geht davon aus, dass das neue Wahlrecht Mitte des kommenden Jahres beschlossen ist. Sie zeigte sich zufrieden, dass „der Startschuss für konkrete Verhandlungen der Reform“ gefallen sei.

Das Vorgehen wurde am Dienstag im Koalitionsausschuss beschlossen. Nach Berichten mehrerer Teilnehmer aus der nichtöffentlichen Sitzung wehrte sich Wolfgang Reinhart, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, nach Kräften gegen die Reform. Er hätte sie lieber weiter aufgeschoben. In der CDU-Fraktion ist der Widerstand gegen ein neues Wahlrecht besonders groß. Abgeordnete fürchten um ihre Mandate. Die Grünen-Fraktion hatte ihren Vorsitzenden Andreas Schwarz dagegen beauftragt, die Reform anzugehen. Allerdings gilt auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht als dynamischer Vorkämpfer der Reform. Dagegen dringen die grüne Partei und die Frauen in der CDU-Frauen-Union seit langem vehement auf ein neues Wahlrecht.

Kontroverse innerhalb der CDU

Im Koalitionsausschuss, den die Grünen angerufen hatten um einen Zeitplan durchzusetzen, sei „lange und intensiv“ diskutiert worden. Die Kontroverse sei innerhalb der Union verlaufen. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl, zu dem Wolfgang Reinhart bestenfalls ein distanziertes Verhältnis pflegt, erinnerte demnach an den Koalitionsvertrag, an dessen Zustandekommen auch die Fraktionen beteiligt gewesen seien. Darin stehe ausdrücklich „wir werden ein personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste einführen“. Nach der Sitzung erklärte der Landesvorsitzende und Innenminister Strobl: „Die Fraktionen werden das Thema im November anpacken, im Schulterschluss mit den Parteien. Basis dieser Gespräche ist der Koalitionsvertrag.“ Wahlrechtsfragen seien diffizil, „doch zeichnet es diese Koalition aus, auch schwierige Themen am Ende des Tages einvernehmlich zu lösen“.

Frauen erwarten konstruktive Arbeit

Annette Widmann-Mauz, die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und eine der Kämpferinnen für die Reform, lobte nach dem Treffen: „Der Koalitionsausschuss hat den Startschuss gegeben.“ Es komme aber viel Arbeit auf die Facharbeitsgruppen und die Parteien zu. „Das wird eine harte Nuss für viele, aber es ist ebenso ein sehr starkes Anliegen von großen Teilen beider Parteien.“ Inge Gräßle, die energische Vorsitzende der Landes-Frauenunion, kommentierte kurz: „Das ist prima. Wir machen uns jetzt konstruktiv an die Sache. Dann gibt es eine gute Lösung für alle Beteiligten.“

Ziel: Vielfalt im Parlament

Eher schmallippig äußerte sich ein Sprecher der CDU-Fraktion: „Die Fraktionen leiten den Prozess Mitte November ein.“ Auskunftsfreudiger war Andreas Schwarz, der Chef der Grünenfraktion. Er freute sich über „das klare Signal“ des Koalitionsausschusses und konstatierte: „Die Reform des Landtagswahlrechts kommt.“ Es gehe nun nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie. Nun würden die Eckpunkte erarbeitet. Danach würden die Regierungsfraktionen „in guter demokratischer Tradition“ bei den Oppositionsfraktionen für ein gemeinsames Vorgehen werben. Das klare Ziel der Koalition sei, mehr Vielfalt ins Parlament zu bringen.