6000 Personen im Land waren bisher bei Wahlen ausgeschlossen. Sie nun dürfen bei der Kommunalwahl wählen, möglicherweise aber nicht bei der Europawahl.
Stuttgart - Gerade noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl am 26. Mai hat der baden-württembergische Landtag am Mittwoch beschlossen, dass künftig auch Menschen mit Behinderungen wählen dürfen, für die „dauerhaft zur Besorgung aller Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist. „Das ist das richtige Signal an Menschen mit Behinderungen. Sie sind selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Selbst über seine Angelegenheiten mitzubestimmen, ist das Wesen der Demokratie und entspricht dem Leitbild einer inklusiven Gesellschaft“, sagte Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg.
Bundesverfassungsgericht muss erneut entscheiden
Mit seinem Beschluss reagierte der Landtag auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter hatten Ende Januar erklärt, dass Menschen, die auf gerichtlich bestellte Betreuung angewiesen sind, nicht pauschal von Wahlen ausgeschlossen werden dürfen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren bisher bundesweit rund 80 000 Menschen mit Betreuer vom Wahlrecht ausgeschlossen, in Baden-Württemberg waren knapp 6000 Personen betroffen.
Die neue Regelung des Landtags gilt allerdings nur für die Teilnahme an den Kommunalwahlen. Zu der am gleichen Tag stattfindenden Europawahl sind die Betroffenen auch weiterhin noch nicht zugelassen. Der dafür zuständige Bundestag hat zwar im März ebenfalls ein inklusives Wahlrecht beschlossen, allerdings soll es erst von Juli an gelten. Einen Antrag von Grünen, FDP und Linken, die Wahlrechtsausschlüsse im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz sofort aufzuheben, lehnten Union und SPD damals ab. Deshalb haben die Oppositionsparteien einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dieses entscheidet am 15. April über die Zulassung zur Europawahl.