In diesem Jahr haben die Abgeordneten 100 Jahre Frauenwahlrecht gefordert. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Auch auf Bundesebene wird über ein Paritätsgesetz diskutiert. Das Reformvorhaben würde dadurch komplizierter.

Berlin - Brandenburg hat zu Beginn dieses Jahres den Anfang gemacht: Als erstes Bundesland hat es ein Paritätsgesetz verabschiedet, das vom kommenden Jahr an gelten wird und den Frauenanteil im Parlament deutlich erhöhen soll.

 

Und auch auf Bundesebene wird immer lauter darüber nachgedacht, das Wahlrechtmit einem paritätischen Prinzip zu reformieren. In anderen europäischen Ländern gibt es mitunter seit mehr als 20 Jahren Gesetze, die einen höheren Frauenanteil zur Folge haben. Das brandenburgische Gesetz, das mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen beschlossen wurde, wird zwar nicht dazu führen, dass die Hälfte aller Abgeordneten weiblich sein muss, denn die Direktmandate sind von der Neuerung ausgenommen. Aber künftig sollen die Listen der zur Wahl antretenden Parteien abwechselnd von einem Mann und einer Frau besetzt werden. Wer seine Liste nicht paritätisch besetzt, wird nicht zur Wahl zugelassen.

Es gibt verfassungsrechtliche Bedenken

Gegen Bestrebungen für ein paritätisches Wahlrecht gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. In Brandenburg werden CDU und AfD klagen. Zwar heißt es in Artikel 3 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Der Staat fördert auch „die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Allerdings will der Gleichheitsgrundsatz die Chancengleichheit fördern, aber keine bestimmten Ergebnisse vorschreiben. Gleichzeitig garantiert außerdem der Artikel 38 freie und gleiche Wahlen, dazu gehört auch das freie Wahlvorschlagsrecht.

Auf Bundesebene gibt es gewichtige Stimmen, die fordern, dass bei einer Wahlrechtsreform mit dem Ziel der Verkleinerung des Bundestags auch über Parität gesprochen wird. Die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich mehrfach dafür ausgesprochen, die Frage eines höheren Frauenanteils in die Debatte einzubeziehen. Ein Vorschlag von Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sieht ein Modell vor, in dem die Parteien dazu verpflichtet würden, pro Wahlkreise ein gemischtes Kandidatentandem aufzustellen und dafür im Gegenzug die Wahlkreise zu vergrößern. Als der Bundestag sich zu einer Feierstunde zu 100 Jahren Frauenwahlrecht zusammenfand, versprach die damals noch amtierende SPD-Chefin Andrea Nahles, ihre Partei wolle mit der Wahlrechtsreform erkämpfen, dass die Hälfte der Bevölkerung auch die Hälfte des Parlaments stelle. Einen Monat später traf sich zum ersten Mal eine interfraktionelle Gruppe weiblicher Abgeordneter.

Im Bundestag liegt Frauenanteil bei unter 31 Prozent

Im Bundestag liegt der Anteil an weiblichen Abgeordneten derzeit bei unter 31 Prozent – damit ist er so niedrig wie seit 19 Jahren nicht. Das liegt vor allem am deutlich niedrigeren Frauenanteil bei den Fraktionen von AfD und FDP, die beide im vorigen Bundestag nicht vertreten waren. In kommunalen Parlamenten liegt der Frauenanteil bei knapp einem Viertel, unter Bürgermeistern und Landräten sind weniger als zehn Prozent weiblich.

In den im Bundestag vertretenen Parteien sind Frauen unter den Mitgliedern deutlich unterrepräsentiert – insgesamt liegt ihr Anteil bei 26 Prozent. Gegner des Paritätsgesetzes argumentieren, im Vergleich zur Parteimitgliedschaft seien sie im Bundestag überrepräsentiert. Am niedrigsten ist der Anteil in der AfD mit 16 Prozent. Bei der CDU stellen die Frauen ein Viertel der Mitglieder, bei der FDP rund 23 Prozent, bei den Sozialdemokraten gut ein Drittel. Linke und Grüne haben einen Frauenanteil von 37 beziehungsweise 39 Prozent.