Jochen Haußmann beim Staffellauf vor rund 30 Jahren und heute im Heimatmuseumsstüble in Weinstadt-Endersbach Foto: Gottfried Stoppel

Jochen Haußmann ist vor fünf Jahren der Stimmenkönig der FDP bei der Landtagswahl gewesen, für die es gerade so für die Oppositionsbank gereicht hat. Jetzt will er mit seiner Partei Regierungsverantwortung übernehmen.

Kernen - Zugegeben, auf die lange Distanz könne er bei einem Wettlauf mit seinem höchst ausdauernden Backnanger Landtagskollegen Gernot Gruber (SPD) nicht mithalten, räumt Jochen Haußmann (FDP) ein. „Aber die ersten 100 Meter bin ich schneller.“ 10,7 Sekunden lautet Haußmanns höchst respektable Bestmarke für diese Distanz, die er freilich vor etwas mehr als 30 Jahren aufgestellt hat, damals 19-jährig und im Trikot der LG Kernen.

Haußmann vor etwa 30 Jahren als Staffelläufer der LG Kernen Foto: Gottfried Stoppel
In etwa aus dieser Zeit stammt auch das Jugendfoto von einem 400-Meter-Staffellauf, das der 49-Jährige wunschgemäß zum Gespräch mit der StZ mitgebracht hat. Warum dieses? Weil es auf seine hervorstechenden positiven Eigenschaften hinweise, sagt Haußmann: „Disziplin und Teamgeist“. Und weil er von Jugend auf im Vereinsleben engagiert gewesen sei, aktuell ist er das unter anderem noch als Präsident im Deutschen Harmonika-Verband.

Politisch sei er früh interessiert, wenngleich nicht aktiv gewesen, sagt Haußmann, allerdings auf der kommunalen Ebene. Das habe sich fast zwangläufig ergeben – sein Vater war 28 Jahre lang Bürgermeister von Kernen, beziehungsweise davor von Rommelshausen. Günter Haußmann war stets als parteiloser Kandidat gewählt worden.

Erst 2010 in die FDP eingetreten

Auch Jochen Haußmann hatte mit Parteien zunächst keine Verträge. Als er 2004 erstmals für den Kreistag kandidierte, ließ er sich für die Kombifraktion aus FDP und Freien Wählern nominieren. Erst 2010, nachdem klar war, dass er sich um ein Mandat für den Landtag bewerben würde, trat er in die Partei ein. Die Liberalen seien für ihn die am nächsten liegende politische Richtung, sagt Haußmann. Stichworte wie Freiheit, Eigenverantwortung, Freidenkertum fallen ihm ein: „Die FDP ist für einen starken aber schlanken Staat, der den Menschen viel Verantwortung überlässt.“

Als Politikerpersönlichkeit habe ihm insbesondere Reinhold Maier imponiert, sagt Haußmann, weil dieser die Bürgerrechte in den Mittelpunkt gestellt habe. Maier sei ein Charakterkopf gewesen, der seine Bodenhaftung nie verloren habe. „Er hat auch als Ministerpräsident noch mit den Leut’ gesprochen.“

Haußmann selbst versteht sich, wie er betont, ein Stück weit als Dienstleister für sein Wahlvolk. Auch in der Oppositionsrolle habe er in seiner ersten Legislaturperiode vieles in seinen Themenschwerpunkten – Soziales und Verkehr – erarbeitet und eigene Akzente gesetzt, etwa in Sachen Barrierefreiheit im ÖPNV.

Auch bei anderen Themen fühlt sich der 49-Jährige durchaus in der Lage, mitreden zu können – und hält sich dabei freilich weitgehend auf Parteilinie. So würde eine Regierung unter Haußmanns Beteiligung wohl kaum eine Rolle rückwärts in der Bildungspolitik machen und die Gemeinschaftsschulen abschaffen, wohl aber deren Privilegierung aufheben.

Polizeireform: punktuelle Verbesserungen

Ähnlich sieht es bei der Polizeireform aus. In die Konzentration der Präsidien sei zu viel Geld investiert worden, als dass man sie wieder auflösen könnte, aber punktuell müsse man über Nachbesserungen nachdenken, sagt Haußmann.

Bei der Feinstaubbelastung im Stuttgarter Talkessel habe die grün-rote Regierung verschlafen, eine Marschrichtung vorzugeben. Haußmann räumt zwar ein, auch kein Patentrezept parat zu haben, er aber würde auf eine Expertenkommission nach hessischem Vorbild bauen. Ebenso müsse man nach rasch realisierbaren Lösungen für einen besseren Verkehrsfluss auf den Straßen der Region suchen.

Eher destruktiv gibt sich Haußmann beim Thema Windkraftnutzung im Rems-Murr-Kreis. Er unterstütze die kritische Haltung der Bürgerinitiativen gegenüber Projekten in seinem Wahlkreis, sagt der Oppositionspolitiker.

Diese Rolle hofft er im Übrigen nach der Wahl abstreifen zu können, Ein eigenes überdurchschnittliches Ergebnis ist das erklärte Ziel. Und Regierungsverantwortung. Mit wem er zu koalieren gewillt wäre, verrät Haußmann indes noch nicht. Er wolle da dem Parteitag nicht vorgreifen.