Die US-Demokraten verfehlen bei einer Nachwahl in Ohio knapp einen spektakulären Sieg. Doch ihre Chancen für die Kongresswahlen im November steigen dadurch nur weiter.
Columbus/Ohio - Bei der Auszählung der Stimmen lag er knapp zurück. Aber wie ein Verlierer sah Danny O’Connor nicht aus, als er am Dienstagabend vor die Kameras trat. „Das ist eine Graswurzel-Kampagne“, rief der 31-jährige Anwalt in den Saal: „Wir geben nicht auf. Morgen atmen wir durch. Dann kämpfen wir weiter bis zum November.“ Seine Anhänger jubelten.
Tatsächlich haben die Demokraten bei einer Nachwahl im Herzen von Ohio zwar ihr erstes Ziel verfehlt: Nicht O’Connor, sondern sein republikanischer Gegenkandidat Troy Balderson wird wohl den frei gewordenen Sitz im Repräsentantenhaus einnehmen. Doch endgültig wird das erst in ein paar Tagen feststehen, wenn die letzten Stimmen ausgezählt sind. Der Vorsprung des Republikaners im zwölften Wahlbezirk, der seit 35 Jahren von den Republikanern gehalten wird und den Trump 2016 mit einem Abstand von elf Punkten gewann, ist nämlich auf weniger als einen Prozentpunkt geschrumpft.
Vororte von Columbus sind Republikaner-Hochburg
„Als Republikaner bin ich sehr besorgt“, gestand denn auch der parteiinterne Trump-Kritiker Charlie Dent am Wahlabend: „Das hier hätte nie ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden dürfen.“ Immerhin gelten die wohlhabenden Vororte der Landeshauptstadt Columbus als sicheres Republikaner-Land. Die Partei des Präsidenten hatte rund sechs Millionen Dollar – viermal so viel wie die Demokraten – in den Wahlkampf gesteckt. Trotzdem mussten am Ende Vizepräsident Mike Pence und Präsident Trump persönlich anreisen, um mit engagierten Wahlkampfauftritten ein Debakel zu verhindern.
Der angebliche Auftrieb bei den Demokraten sei eine Chimäre, hatte Trump am Samstag noch behauptet: „Ich glaube, es könnte eher eine rote Welle geben.“ Rot ist die Parteifarbe der Republikaner. Davon kann keine Rede sein. Viele Beobachter werten das nach einem stundenlangen Nervenkrimi ermittelte vorläufige Ergebnis von 50,2 Prozent für Balderson und 49,3 Prozent für O’Connor eher als moralischen Sieg der Demokraten. Praktische Auswirkungen wird es ohnehin kaum haben, denn bei den Kongresswahlen im November wird erneut über das Mandat abgestimmt.
Nachwahl war Topthema der Nachrichten
Ebendiese Kongresswahlen erklären, weshalb eine Nachwahl in der Provinz am Mittwoch das innenpolitische Top-Thema in den USA war. Derzeit halten die Republikaner die Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat. Während eine Verschiebung der Mehrheit im Senat derzeit eher unwahrscheinlich erscheint, hoffen die Demokraten, im Parlament die Machtverhältnisse umkehren zu können. Wahlforscher haben errechnet, dass in Dutzenden republikanischen Wahlbezirken die Chancen der Demokraten auf einen Sieg besser sind als in Ohio. „Wenn die Demokraten in Ohio fast gewinnen, dann gehen sie als ganz klare Favoriten ins Rennen um das Repräsentantenhaus“, erklärte der Meinungsforscher Dave Wasserman.
Das sieht Donald Trump anders. Doch euphorisch schien auch der Präsident am Wahlabend nicht gestimmt zu sein. Während ihm sonst keine Übertreibung groß genug ist, twitterte er dieses Mal ziemlich defensiv, der republikanische Bewerber habe vor ein paar Tagen noch abgeschlagen zurückgelegen. „Das war nicht gut“, ging Trump auf Distanz: „Nach meiner Rede gab es eine große Wende zum Besseren.“