Spaniens König Felipe spricht mit den Vertretern der Parteien. Foto: dpa

In Spanien wird es wohl Neuwahlen geben, da sich die Parteien im Parlament nicht auf eine Koalition einigen können.

Madrid - Am Dienstag rauschte es noch einmal im Netz. Während König Felipe nacheinander die Vertreter aller im spanischen Parlament vertretenen Parteien zu einem letzten Gespräch empfing, machte eine der Parteien mit Namen Compromís einen Rettungsvorschlag: ein 30-Punkte-Programm für eine Linksregierung.

Bis zum kommenden Montag, dem 2. Mai, wäre noch Zeit für eine Einigung. Danach müssen Neuwahlen angesetzt werden. So gut der Compromís-Vorschlag gemeint sein mag: Es ist kaum vorstellbar, dass sich die Parteien in den wenigen verbleibenden Tagen noch zusammenraufen werden. Alle Zeichen stehen auf Neuwahlen am 26. Juni.

Es mag noch ein Wunder geschehen. Wenn nicht, haben die Parteien den Spaniern ihre demokratische Unreife demonstriert. Schuld an dem Debakel sind sie alle zusammen. Die Lage war komplizierter als sonst. Die Wahlen am 20. Dezember ergaben ein zersplittertes Parlament.

Mit den hier erreichten Ergebnissen in der Hand sind eigentlich nur zwei stabile Regierungsmehrheiten möglich: entweder eine Große Koalition aus der konservativen Volkspartei (PP) des amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und den Sozialisten (PSOE) – oder ein Dreierbündnis aus PSOE, der Linkspartei Podemos und den liberalen Ciudadanos. So müssen Koalitionsverhandlungen notwendig beginnen: mit dem Rechenschieber. Doch genau das haben die vier großen spanischen Parteien nicht begriffen.

Die ersten, die zu verhandeln begannen, bevor sie ihre Sitze zusammenzählten, waren PSOE und Ciudadanos. Sie einigten sich ziemlich schnell auf ein gemeinsames Regierungsprogramm.

Aber als sich PSOE-Chef Pedro Sánchez Anfang März dem Parlament zur Wahl stellte, scheiterte er vorhersehbar, weil PSOE und Ciudadanos auf keine Mehrheit kamen. Zwar verweisen beide Parteien bis heute stolz auf ihre Verhandlungsfähigkeit, doch wichen sie der wahren Herausforderung aus: sich entweder mit Podemos oder mit der PP zusammenzutun. Da wären wirklich dicke Bretter zu bohren gewesen.

Die PSOE hätte außer Ciudadanos gern noch Podemos mit ins Boot geholt. Etliche Spanier könnten sich ein solches Bündnis gut vorstellen: Schließlich sind sowohl Podemos als auch Ciudadanos angetreten, frische Luft in die spanische Demokratie zu bringen. Sonst haben sie aber nicht viel gemein. Podemos ist eine linkspopulistische Partei mit einer starken antikapitalistischen Strömung, während Ciudadanos dem klassischen liberalen Lager angehört. Das geht schwer zusammen.

Podemos möchte deswegen lieber ein reines Linksbündnis ohne Ciudadanos schmieden, was aber wieder an der Arithmetik scheitert: Ein solches Bündnis bräuchte zumindest die Enthaltung weiterer Kleinparteien, die Verhandlungen könnten uferlos werden.

Bleibt die Große Koalition. Und von der redet Mariano Rajoy seit Monaten. Dabei ist er allerdings selbst ihr größtes Hindernis: Zu tief ist er mit seiner Partei im Sumpf der Korruption versunken, um ein akzeptabler Verhandlungspartner in Sachen Großer Koalition zu sein. Doch er tritt nicht beiseite. Also müssen die Spanier wohl noch mal wählen. Und nichts wird gelöst sein: Die Umfragen sagen schon für den Juni recht ähnliche Ergebnisse wie im Dezember voraus.