Sechs Bundestagskandidaten stellen sich den Schülern des Rutesheimer Gymnasiums . Und die zeigen sich interessiert, informiert und kritisch, gerade wenn es um Wirtschaft und die Ukraine geht.
Russisches Gas, Krieg in der Ukraine und Fachkräftemangel: Im Rutesheimer Gymnasium geht es um die großen Themen. „Es ist eine gute Chance, verschiedene Meinungen kennenzulernen“, eröffnet Schulleiter Jürgen Schwarz die Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl. Die Bühlhalle ist voll, rund 750 Menschen sind gekommen. Organisiert wurde der Nachmittag von der Fachschaft Gemeinschaftskunde unter der Leitung von Simon Becker in Kooperation mit der SMV.
Mit Tobias Bacherle (Grüne), Marc Biadacz (CDU), Markus Frohnmaier (AfD), Jasmina Hostert (SPD), Florian Toncar (FDP) und Thomas Walz (Linke) ist ein breites politisches Spektrum vertreten. Das Moderatoren-Duo mit Finian Bangert und Anna Bauer aus der Kursstufe gibt die Spielregeln vor: Alle Kandidaten beantworten dieselbe Frage, jeder hat ein Zeitlimit. Außerdem darf man einmal einen Joker einsetzen, um direkt auf die Aussagen eines Konkurrenten zu reagieren. Die Zuhörer haben haben zwei Karten. Stimmt man einer Aussage zu, hält man die grüne Karte hoch. Sieht man etwas ganz anders, kommt die rote Karte zum Einsatz.
Wie die Parteien den Fachkräftemangel in den Griff bekommen wollen, ist gefragt. Mit besserer Bezahlung und fairen Arbeitsbedingungen will der Linke Thomas Walz Berufsfelder attraktiver machen, etwa Pflegeberufe. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Jasmina Hostert spricht sich für Bürokratieabbau aus und betont, dass es wichtig sei, Frauen in Teilzeit zu unterstützen, wenn sie wieder Vollzeit arbeiten möchten. Ihr CDU-Kollege Marc Biadacz setzt auf eine Stärkung der handwerklichen Fachkräfte: „Studieren ist etwas Gutes, aber eine Ausbildung zu machen, ist es genauso.“
Auch Tobias Bacherle von den Grünen fordert Bürokratieabbau und will Deutschland attraktiver für Fachkräfte aus dem Ausland machen: „Arbeitsverbote sind doch irre“. Der Liberale Florian Toncar ergänzt, dass Deutschland auch durch die hohen Steuerabgaben sehr unattraktiv für qualifizierte Ausländer ist. Und mit einem Seitenhieb an CDU und AfD: „Vorschläge wie die Einführung der Wehrpflicht ziehen nur noch mehr junge Leute aus dem Arbeitsmarkt und verstärken den Mangel“.
„Schule ist zur Überparteilichkeit verpflichtet“
Bedarfsorientierte Zuwanderung, das ist für den AfD-Landeschef Frohnmaier das Stichwort: Wer Deutschland wirtschaftlich nütze und Deutschland liebe, der dürfe auch kommen und arbeiten. Damit wiederholt Frohnmaier, was er bereits bei einem Wahlkampfauftritt in der Leonberger Stadthalle gesagt hatte. Während Frohnmaier dort viel Beifall bekam, gibt es in Rutesheim manchmal nur Gelächter. Etwa als er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagt, die AfD stehe für „Frieden und Freundschaft in Europa“.
Dass die AfD immer häufiger an Schulen eingeladen wird, sorgte im Vorfeld für reichlich Diskussion. Das Kultusministerium hat aber klar Stellung bezogen. Eine relevante Partei bewusst auszuschließen, das gehe nicht. „Die Schule ist zur politischen Ausgewogenheit und Überparteilichkeit verpflichtet, soll aber den lebendigen Kontakt zu der außerschulischen Wirklichkeit herstellen“, heißt es in einer Handreichung an die Schulen zur Bundestagswahl.
Die Ukraine ist in Rutesheim ein großes Thema. Jasmina Hostert unterstützt den Kurs des Kanzlers und sichert der Ukraine Unterstützung zu, solange dies möglich ist. AfD-Mann Frohnmaier sieht das anders. Deutschland werde keine große Rolle spielen, wenn es um Frieden zwischen Russland und der Ukraine gehe. Trump sei der Einzige, der den Krieg vielleicht lösen könne „ Das ist ein fremder Konflikt, nicht unserer.“ Viele im Saal halten ihre rote Karte in die Höhe und Tobias Bacherle ergreift das Wort: „Frohnmaier ist für seine Russlandnähe bekannt.“
Auch wenn es den ein oder anderen Schlagabtausch zwischen den Kandidaten gibt, verläuft der Nachmittag in einem respektvollen Umgang miteinander. Mit Handschlag bedankt sich Marc Biadacz bei Finian Bangert und Anna Bauer, dem Moderatorenteam: „Ihr habt das wirklich souverän gemacht, vielen Dank“. So sieht es auch die Lehrerin Andrea Frenzel: „Nach so einem gelungenen Nachmittag kann man wirklich stolz auf die Schülerinnen und Schüler sein.“