Martin Schulz schüttelt Angela Merkel die Hand. Foto: Getty Images Europe

Sie bleibt Kanzlerin. Aber wie schon vor vier Jahren hat Angela Merkel nicht die volle Stimmenzahl der Koalition erreicht. Wer die Abweichler sind, ist geheim.

Berlin - Fast sechs Monate nach der Bundestagswahl ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Die 63-Jährige erhielt am Mittwoch im Bundestag in geheimer Wahl 364 von 688 abgegebenen gültigen Stimmen - nur neun Stimmen mehr als die für die Kanzlermehrheit nötigen 355 Stimmen.

Zahlreiche Abgeordnete der Koalitionsfraktionen stimmten offensichtlich nicht für Merkel. Die Fraktionen von Union und SPD verfügen im Bundestag über 399 Sitze, insgesamt hat der Bundestag 709 Abgeordnete. „Gewählt ist gewählt“, sagte der künftige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nach der Abstimmung und verwies auf die langwierige Regierungsbildung. „Bei uns war die Lage sehr geschlossen, darum kann ich mich nur wundern“, sagte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles.

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Merkel nahm die Wahl an. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wünschte ihr „Kraft und Erfolg und Gottes Segen bei Ihrer großen Aufgabe“. Mit dem Erreichen der Kanzlermehrheit im Bundestag stand fest, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Merkel erneut zur Kanzlerin ernennen würde.

SPD-Fraktion applaudierte nicht geschlossen

Auch 2005, 2009 und 2013 hatten nicht alle Parlamentarier der Koalitionsfraktionen für sie gestimmt. Die SPD-Fraktion erhob sich nach der Wahl am Mittwoch nicht und applaudierte nicht geschlossen. In der SPD hatte es erheblichen Widerstand gegen eine erneute GroKo gegeben.

In einem Mitgliederentscheid hatte sich aber eine deutliche Mehrheit der Sozialdemokraten dafür ausgesprochen. SPD-Vize Manuela Schwesig schrieb auf Twitter: „Herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes!“

Da die Abstimmung im Bundestag geheim ist, lässt sich nicht exakt sagen, wie viele Abweichler in den eigenen Reihen es gab und wie viele Stimmen Merkel aus anderen Fraktionen bekommen hat.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte, es sei „müßig zu spekulieren“, wer bei Union oder SPD Merkel nicht gewählt habe. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte angesichts der Abweichler in den Reihen der Koalition, das sei „kein gutes Zeichen, ein Menetekel“.

Grundgesetz schreibt bestimmten Verlauf vor

Weil das Grundgesetz einen bestimmten Verlauf vorschreibt, werden einige Regierungslimousinen die rund zwei Kilometer zwischen dem Reichstag und dem Schloss Bellevue am Mittwoch mehrfach hin und her pendeln. Nach der Wahl sollte sich die Kanzlerin im Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, ihre Ernennungsurkunde abholen. Dann fährt sie zurück in den Bundestag, wo sie am Mittag von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vereidigt werden soll.

Mit ihren neuen Ministern geht es für Merkel gegen 12.30 Uhr zurück ins Schloss Bellevue, wo auch die 15 Bundesminister offiziell ernannt werden sollen. Bundespräsident Steinmeier will dabei eine Rede halten. Anschließend sollen die Ressortchefs im Bundestag vereidigt werden. Nach dem Protokoll kommt das Kabinett am Nachmittag um 17 Uhr zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen.