Mit 38 Thesen wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl gefüttert. Das Tool wird in Kürze online gestellt. Dann können die Wähler ihren persönlichen Nutzen daraus ziehen.

Berlin - Sie zofften sich und argumentierten hin und her, bis sie sie am Ende doch gefunden haben die „perfekten“ 38 Thesen für den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl. Wenn das Tool in Kürze online gestellt wird, ist die Arbeit des Berliner Politikstudenten Mathias Großklaus und 20 weiterer Jungwähler im Alter zwischen 18 und 27 Jahren beendet, und alle können nur noch abwarten. Denn dann liegt es einzig in der Hand der Wähler, ihren persönlichen Nutzen aus dem Wahl-O-Mat zu ziehen.

In drei mehrtägigen Arbeitsgruppen haben 21 Schüler, Studenten, Auszubildende und Berufstätige aus ganz Deutschland die Wahlprogramme aller 27 zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien bearbeitet, analysiert und in mehreren Schritten schließlich auf 38 Kernthesen runtergebrochen. Begleitet wurden sie dabei von Mitarbeitern der Bundeszentrale für politische Bildung, die für den Wahl-O-Mat in Deutschland verantwortlich ist, sowie Politikwissenschaftlern. Anhand dieser Thesen können Wähler ihre eigenen Positionen mit denen der Parteien vergleichen und ermitteln, welche davon ihnen inhaltlich am nächsten steht.

"Der Prozess ist eine große Herausforderung", betont der 22-jährige Großklaus. In den vergangenen Jahren habe er bereits an der Konzeption von vier Wahl-O-Maten mitgewirkt, dem Tool zur Bundestagswahl habe er bislang am meisten "entgegengefiebert", sagt er weiter. Schließlich sei das die Wahl, die die meisten Menschen betreffe.

Zu Beginn des ersten Workshops der Jugendredaktion in Bonn steht das Lesen Hunderter Seiten der zahlreichen Wahlprogramme der Parteien auf dem Programm. "Damit waren wir erst mal stundenlang beschäftigt", erinnert sich Großklaus. Um auf rund 180 Thesen am Ende des ersten Workshops zu kommen, sei im Grunde vor allem "Übersetzungsarbeit" nötig.

Wichtig bei der Thesenfindung sei von Anfang an - egal, ob es um Mindestlohn oder das generelle Tempolimit geht -, dass die Thesen keine Fremdwörter oder Parteibegriffe enthalten, lediglich aus einem Satz bestehen und prägnant sind. "Das ist eine echte Gratwanderung zwischen uninteressant und Parteiensprache, schmissigen Formulierungen und PR-Sprache", sagt Großklaus. "Zudem sollen die Thesen des Wahl-O-Mat nicht nur die Slogans der Wahlplakate wiedergeben, sondern Details aus den Wahlprogrammen zeigen." Thematisch müssen die Thesen grob alle Hauptthemenschwerpunkte - darunter etwa Wirtschaft, Bildung und Außenpolitik - abdecken.

Hat die Jungredaktion die erste Hürde geschafft, müssen die Thesen beim zweiten Treffen auf rund 90 geschrumpft werden, die dann an die Parteien verschickt werden. "Was von den Parteien zurückkommt, ist die Grundlage für die letzte Phase", sagt Großklaus. Eine Gruppe Auszubildender und Schüler wirft anschließend einen Blick darauf. Der Student betont: "Was nicht auf Anhieb verständlich ist, fliegt raus." So stehen am Ende die finalen 38 Thesen.

Bis heute zielt der Wahl-O-Mat vorwiegend auf die jüngere Generation ab. "Natürlich freut es uns umso mehr, dass sich im Laufe der Jahre die User des Tools verändert haben und sich nun vermehrt auch Leute über 30 Jahre dafür begeistern." Großklaus betont aber: "Der Wahl-O-Mat ist nicht dazu da, dass man die Partei wählt, die am Ende rauskommt." Vielmehr soll mit dem Tool "alles, was Politik langweilig und spröde macht, herausgefiltert werden, so dass die User auf den Punkt gebracht die Inhalte der Parteiprogramme kennen und sie miteinander vergleichen können".

Obwohl ein Großteil der Nutzer bei der Bundestagswahl 2005 bei einer Befragung angegeben habe, dass sie sowieso wählen gegangen wären, so hätten immerhin rund zehn Prozent gesagt, dass sie eigentlich nicht hatten wählen wollen und es nun doch täten. "Umgerechnet auf 5,1 Millionen User waren das eine Menge zusätzliche Stimmen", meint Großklaus.