Es sieht nicht gut aus für eine dritte Amtsperiode von Andersson. Foto: dpa/Pontus Lundahl

In Schweden zeichnet sich nach der Wahl ein Regierungswechsel ab. Ministerpräsidentin Magdalena Andersson kann sich womöglich nicht halten. Dafür freut sich die Rechte über deutliche Stimmengewinne.

In Schweden deutet sich ein Machtwechsel an. Nach jüngsten Berechnungen wird der bürgerlich-rechte Block unter Ulf Kristersson 175 der 349 Sitze im schwedischen Parlament, Riksdag, erhalten, gerade einen mehr als der rote Block unter der sozialdemokratischen Regierungschefin Magdalena Andersson. Am Wahlabend sah es noch nach einer dritten Wahlperiode für die Sozialdemokraten aus. Die schwedische Traditionspartei erhielt erneut die meisten Stimmen, über 30 Prozent der Wählerschaft, aber insgesamt, im Verbund mit Linken, Grünen und der liberalen Zentrumspartei, scheint es nicht zu reichen.

Instabile Verhältnisse

„Ich bin bereit alles dafür zu tun, eine neue, stabile und handlungsschwungvolle Regierung für ganz Schweden und alle Mitbürger zu schaffen“, hatte der 58-jährige Kristersson gesagt, der den liberal-konservativen Moderaten vorsteht. Damit sprach er vielen Schweden aus dem Herzen, denn die sozialdemokratische Minderheitsregierung wirkte nach Misstrauensanträgen und Konflikten instabil. Dennoch wurden die Moderaten mit 19 Prozent der Stimmen nur drittstärkste Kraft, auf Platz zwei stehen die rechten Schwedendemokraten mit mehr als zwanzig Prozent.

Der Chef der Schwedendemokraten, Jimmie Akesson, verlangt bereits selbstbewusst nach Einfluss. „Kommt es zum Machtwechsel, werden wir einen zentrale Position haben. Unser Ambition ist es, in der Regierung zu sein.“ Auch will der 43-jährige das Amt des Regierungschefs diskutieren. Genau das hatte Kristersson im Vorfeld ausgeschlossen. Letzterer wollte mit Christdemokraten und Liberalen eine Minderheitsregierung zu bilden. Naiv wäre zu glauben, dass jene einfach abnicken, was die Bürgerlichen beschließen.

Denn deren jahrelanges politisches Programm, die Kritik an der schwedischen Einwanderungspolitik, war 2022 Wahlthema Nummer eins – insbesondere die Auswüchse der Bandenkriege in den Vororten. Dieses Jahr starben bereits 47 Menschen bei Schießereien. Leben. Sie wurden Opfer der Fehden um die Drogenreviere. Die Gangs dahinter bestehen vornehmlich aus Migranten.

Schweden setzt seit den 70er Jahren eine großzügige Einwanderungspolitik um, die auf den charismatischen Ministerpräsidenten Olaf Palme zurückgeht, der das sozialdemokratische Selbstbild des Landes von der „humanitären Großmacht“ prägte. Das Problem der Sozialdemokraten, die seit acht Jahren regierten, war, dass ihre Maßnahmen gegen die Kriminalität in den Vororten schlicht nicht griffen. Die Gefängnisse füllten sich zwar, geschossen wurde dennoch.

Die gerne energische auftretende Finanzexpertin Magdalena Andersson, die im Dezember den amtsmüden Löfven abgelöst hatte, setzte im Wahlkampf dann auf noch mehr „Law and Order“. Härtere Strafen, sogar Umsiedlungen wurden diskutiert, nach dem Vorbild Dänemarks. Auf der anderen Seite war ihr Wahlkampf davon geprägt, vor den „Schwedendemokraten als Gefahr für die Demokratie“ zu warnen.

Bürgerliche wollen keine nationalistische Partei

Doch an das Abkommen, nicht mit den Schwedendemokraten zu kooperieren, halten sich die Moderaten und die Christdemokraten seit zwei Jahren nicht mehr. Akesson, der 2005 die Partei übernahm, hatte dank seines politisch gemäßigten Tons Erfolg. Heute nennt sich die Partei selbst „sozial-konservativ“, scheut aber auch nicht die Charakterisierung „nationalistisch“ nicht. Darum kommt für viele bürgerliche Wähler eine direkte Regierungsbeteiligung der Schwedendemokraten nicht in Frage.

Sollte Kristersson dem Druck der Schwedendemokraten nachgeben, würde er seine Regierung auf einem gebrochenen Wahlversprechen aufbauen. Die andere Version wäre das angekündigte Konzept einer bürgerlichen Minderheitsregierung, bei der die Rechten jedoch viel Mitspracherecht einforderten. Zu ihren Versprechungen gehörte nicht nur, straffällige Migranten in die Gefängnisse ihrer Herkunftsländer zu deportieren, sondern auch die Ausgaben für den Wohlfahrtsstaat zu erhöhen. Die Chancen auf ein politisches Chaos stehen hoch. So hoch, dass die Sozialdemokraten das letzte Register ziehen und die „deutsche Lösung“ nicht mehr ausschließen wollen: eine große Koalition mit den Moderaten.