Gut zum arbeiten und gut zum Entspannen: Das O-Team in den Wagenhallen Foto: Friedl/Friedl

Das O-Team ist in vielen künstlerischen Bereichen zuhause. In Stuttgart sind die Arbeiten vor allem im Theater Rampe und im Figurentheater Fitz zu sehen

Stuttgart - Auto rast auf Müllcontainer – in diesem Fall ist das keine Sache der Polizei, sondern Teil einer künstlerischen Aktion. Denn für das neue Projekt „Hard Drive“ benötigt das O-Team nun mal ein Unfallauto. Und dieses Unfallauto produziert man am besten selbst, damit dann alles so aussieht und künstlerisch möglichst so aufgeht, wie es konzipiert wurde. Und das Wagenhallen-Gelände ist für solche Vorhaben eine ideale Spielwiese. Und da ist das O-Team nun schon seit vielen Jahren zuhause.

Ausgedacht werden solche Projekte, die meist viel Vorarbeit benötigen und die sie in Stuttgart vor allem im Theater Rampe und im Figurentheater Fitz zeigen, in einer eher kleinen Denkerbude. Die Wände sind schief, das Holzgebälk ist gut sichtbar – wäre das nicht so geschmackvoll und zugleich geschäftsmäßig eingerichtet, der Raum würde doch eher wie Carl Spitzwegs karge Dichterstube wirken. Aber so ist es eine gelungene Symbiose von alt und neu im Dachgeschoss eines der beiden Häuser aus dem 19. Jahrhundert neben den Wagenhallen.

Schauspiel, Musik und Figurentheater

Hier tüfteln Nina Malotta und Samuel Hof die Projekte vom O-Team aus. Dazu gehören freilich noch einige mehr, dennoch haben sie mit dem Begriff Kollektiv, mit dem sie gerne charakterisiert werden, ihre Schwierigkeiten. Eher ist es so, dass sie bei Bedarf Spezialisten ihres Fachs hinzuziehen. Und davon benötigen sie immer wieder welche, denn so richtig einordnen lässt sich deren Arbeit nicht in die üblichen Schemata: Das ist Schauspiel, das ist Performance, Musik, bildende Kunst, zuletzt auch zunehmend Figurentheater – da schöpft die Denkfabrik gerne aus dem Vollen der darstellerischen Möglichkeiten. „Fest dabei sind sechs Leute“, so Malotta, „dann kommen noch etliche temporäre Mitarbeiter dazu. Alle haben ihre Rollen und klar definierten Bereiche“. Vielleicht sind die beiden da am ehesten Mami und Papi. Was auch noch hinzukommt, ist die Bürokratie. Denn Theater benötigt Förderung, und diese benötigt Anträge, in denen möglichst viel möglichst präzise vorformuliert ist, was später einmal das Publikum begeistern soll.

Das O-Team trifft den Nerv des Publikums, ihre Arbeit wird unterstützt aus diversen Fördertöpfen von Stadt und Land seit einigen Jahren, auch über einzelne Projekte hinaus. Das erleichtert die Arbeit mit der Kunst, sehr umfangreich ist dafür die Arbeit mit entsprechenden Förderanträgen. Aber so kann O-Team etwa zwei Produktionen im Jahr anbieten, was notwendig ist, damit das Team finanziell über die Runden kommt.

Ein interaktives Hörspiel

„Hard drive“ bedient als eine Art interaktives Hörspiel mehrere künstlerische Genres. Ein Blickfang ist schon das Unfallauto, das ein mobiles Toilettenhäuschen gerammt hat, das jetzt in der Fronthaube eingeklemmt ist. In dieser theatralischen Installation, die je nach Spielort im Freien oder in den Foyers aufgestellt sein wird, sitzen maximal vier Leute in dem abgedunkelten Innern. Sie erfahren einiges über den Unfall, aber auch noch viel mehr. „Das ist ja ein Unfall, also kein Normalfall. Und die Frage ist: Wie ist es dazu gekommen?“, so Hof. Ganz im heute wird da natürlich das autonome Fahren thematisiert. Hof: „Da stellt sich die Frage, wer steuert da wen? Was passiert, wenn solch ein autonom fahrendes Auto gehackt wird? Was hat dies mit künstlicher Intelligenz zu tun?“

Keine freie Fahrt in der Stadt

Und da geht es um Freiheit. Malotta dazu: „Ich komme ja aus einem Dorf. Da ist mir vertraut, dass ein Auto notwendig ist, um wichtige Dinge im Alltag regeln zu können. Aber hier in der Stadt ist es doch Quatsch, von Freiheit beim Autofahren zu sprechen. Hier wird man von Stau zu Stau geschoben. Die Technik soll Freiheiten schaffen, hier ist doch eher das Gegenteil der Fall.“

Wer in diesem Theater-Unfallauto drin sitzt, wird ebenfalls gefordert. Denn was da erzählt wird, können die Besucher teils selbst steuern mittels Schalter, Regler und Knöpfen, die von dem Instrumentarium ausgehen, das dem Automobilisten eben zur Verfügung steht. „Zur gesamten Geschichte gibt es viele Verästelungen und Nebenstränge“, verrät Hof: „Wir haben wie meist immer so viele Ideen dazu, dass wir sie gar nicht alle unterbringen können“. Und daran waren sie zuletzt auch ausführlich damit beschäftigt, wie all diese Möglichkeiten verknüpft und geschaltet werden können. Im Februar wird „Hard drive“ im Rahmen der Imaginale des Figurentheaters gezeigt.

Die Wagenhallen sind bestens für solches Arbeiten. Hier sind die Tüftler, die sich dem Groben wie dem Feinen verschrieben haben. Hier ist auch der Platz für ein richtiges Unfallauto, das soeben ein Toilettenhäuschen auf die Haube genommen hat.