Wenn viel los ist in der City, will die Polizei dort Messer einziehen können, so sie bei Kontrollen auf welche stößt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig (Archiv/Symbolbild)

Lange Zeit galt es noch als ein Rätsel, wie der Gemeinderat am Donnerstag über die in der Stuttgarter City geplante Waffenverbotszone abstimmen wird. Es mehren sich die Anzeichen für eine Zustimmung des Gremiums.

Ein bisschen hat das Stuttgarter Rathaus am Montagabend den legendären Dörfern Villariba und Villabajo aus dem Werbefernsehen der frühen 1990er Jahre geähnelt. „Während Villariba schon feiert, wird in Villabajo noch geschuftet“, hieß der eingängige Slogan, der den Verkauf eines Spülmittels ankurbeln sollte.

Natürlich hat im Rathaus am Montag niemand fettverkrustete Bratpfannen gespült. Es wurde diskutiert, an zwei Orten, über das gleiche Thema, die Waffenverbotszone. Im mittleren Sitzungssaal kam der Bezirksbeirat Mitte zusammen. Der wollte sich – bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Bezirks, in dem das Waffenverbot greifen soll – noch mal genau informieren, bevor darüber am Donnerstag im Gemeinderat abgestimmt wird. Und war sich in der Sache bald einig, man konnte zur Weihnachtsfeier übergehen. In den Räumen der CDU trafen sich die beiden Antipoden der Diskussion: Der CDU-Mann Alexander Kotz als klarer Befürworter, der Stadtrat Luigi Pantisano (Linksbündnis) als scharfer Kritiker und Gegner. Als die anderen schon feierten, stritten sie noch.

Wird es mehr Polizeikontrollen geben? Die Stadt sagt „Nein.“

Die Sachinformation im Bezirksbeirat übernahm Stefan Praegert, der im Ordnungsamt die städtische Polizeibehörde leitet. Er schilderte, dass die Zone nur in den Nächten des Wochenendes und nur innerhalb der City und des Stadtgartens bei der Universität gelte. Auch machte er klar, dass das Verbot keine weitere Grundlage für zusätzliche Polizeikontrollen biete. Es regele nur, was geschieht, wenn die Polizei bei einer Kontrolle aus einem anderen Anlass ein Messer finde, das nicht unter die ohnehin verbotene Kategorie des Waffengesetzes mit einer Klingenlänge ab zwölf Zentimeter falle: Die Polizei könne es dann einziehen, eventuell werde auch ein Bußgeld fällig. Auch zur Frage, die den SPD-Mann Heinrich-Hermann Huth bewegte, gab er eine deutliche Antwort: Innerhalb eines Jahres, von März 2021 bis März 2022, seien in Stuttgart 1048 Taten mit Messern registriert worden, davon ein Viertel in der City. Huth nahm das nicht nur zur Kenntnis, sondern verlor seine Zweifel. Er hatte zunächst keinen Hehl daraus gemacht, dass ihn die Zahlen, die er bis dahin kannte, nicht überzeugen würden. Dabei handelte es sich um die rund 50 Taten aus der Polizeistatistik für 2021 – ein anderes Datenmaterial.

Als die Bezirksvorsteherin – und Unterstützerin der Verbotszone – Veronika Kienzle (Grüne) am Ende der Diskussion um ein Stimmungsbild bat, staunte sie nicht schlecht. Der Bezirksbeirat setzte ein klares Signal und bekundete einstimmig die Unterstützung der Waffenverbotszone. Welchen Einfluss dieses Signal auf die Diskussion und den Beschluss zur Waffenverbotszone am Donnerstag im Gemeinderat haben wird, wird sich zeigen. Villariba konnte jedenfalls entspannt zur Weihnachtsfeier mit Glühwein und Punsch am Stand der Aidshilfe hinterm Rathaus schreiten.

Zum Zeitpunkt, als der Bezirksbeirat schon fertig war mit dem Thema, begann gegen 19 Uhr bei der CDU das Streitgespräch zwischen Pantisano und Kotz – Villabajo musste noch schuften. Sie tauschten ihre Standpunkte aus. Luigi Pantisano glaubt allen Beteuerungen zum Trotz, dass der Polizei mit dem Verbot ein „weiteres Mittel an die Hand gegeben“, werden solle, um gegen junge Männer, meist migrantischer Herkunft, in der Stadt vorzugehen. Er ist überzeugt, dass es dazu auf jeden Fall kommen werde. Bei seiner Bewertung der Gefahrenlage zieht Pantisano nicht die von der Polizei gezählten Vorkommnisse in Betracht, sondern die Zahl aus der Kriminalstatistik. Darin stehen nur jene Fälle, die so weit von der Polizei bearbeitet sind, dass sie an die Staatsanwaltschaft gehen. Ist das noch nicht der Fall, etwa weil noch kein Täter ermittelt wurde, fließen die Zahlen nicht in die Statistik ein. Daher geht er von deutlich weniger Taten aus, und sieht deswegen eine Waffenverbotszone auch nicht als notwendig an. Alexander Kotz hingegen zog zahlreiche Zeitungsmeldungen von Straftaten der zurückliegenden Tage hervor – zuletzt ein Überfall vor einem Klub in der City –, bei denen Messer im Spiel waren. „Wenn durch das Verbot nur ein Messer weniger in der Stadt gewesen wäre, wäre ein Mensch weniger verletzt“, folgerte Kotz. Am Ende blieben sie uneins. Und während die beiden noch stritten, schritten die Bezirksbeiräte schon zum Glühwein am Stand der Aidshilfe hinterm Rathaus und feierten ihre letzte Sitzung im Advent.