Jugendgemeinderat in Stuttgart: Mehr Rechte soll es geben Foto: Piechowski

Bei den Kommunalwahlen im Mai durften Jugendliche erstmals wählen. Dort, wo dafür geworben wurde, haben sie das auch in großer Zahl getan.

Stuttgart - Aus Sicht der Grünen hat sich die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei den Kommunalwahlen gelohnt. Die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen lag beim Urnengang am 25. Mai dieses Jahres in mehreren Städten des Landes über dem Durchschnitt. Dies geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Grünen-Anfrage hervor, in der die Wahlbeteiligung in 14 Städten aufgelistet wird. Einen kompletten landesweiten Überblick gibt es nicht, weil nur diejenigen Städte eine solche Auswertung machen können, die über eine Statistikstelle und das dafür nötige Personal verfügen.

Die hohe Wahlbeteiligung in einigen Städten ist offenbar auch auf die landesweite Erstwählerkampagne „Wählen ab 16“ zurückzuführen. Viele Kommunen und Schulen motivierten und informierten die Jugendlichen darüber hinaus noch mit eigenen Aktionen. In Freiburg wurde zum Beispiel die Kampagne „Wählen 16+“ vom Jugendbüro Freiburg im Jugendbildungswerk getragen. Neben diversen Kooperationen mit dem Theater Freiburg oder dem Jugendclub des SC Freiburg wurden über 40 Schulklassen besucht. Die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen war denn auch in Freiburg mit 58 Prozent besonders hoch. Im Schnitt gingen dort nur 51,4 Prozent aller Wahlberechtigten zur Wahl, landesweit waren es 49,1 Prozent.

Im Landkreis Esslingen informierte ein breites Bündnis über das neue Wahlrecht. Der Aktionsbus „Wählen ab 16“ fuhr mit über 40 Experten in 26 Kommunen an Schulen, Jugendhäuser und öffentliche Plätze. So konnten rund 8000 Jugendliche erreicht werden. Die Folge: In Esslingen lag die Wahlbeteiligung der jungen Erstwähler bei 53,8 Prozent. Damit lag das Wahlergebnis der 16-Jährigen sogar über der Wahlbeteiligung der Erwachsenen mit 42,2 Prozent.

In Ulm gab es mit einer Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen von 52,4 Prozent ein ähnliches Ergebnis. Die Gesamtwahlbeteiligung lag hier bei 46,4 Prozent. „Das Wahlverhalten der Jugendlichen kann sich meines Erachtens durchaus sehen lassen“, sagt Andreas Schwarz, Vizefraktionschef der Grünen im Landtag.

Stuttgart liegt mit einer Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen von 41 Prozent im Mittelfeld (Gesamtwahlbeteiligung 46,6 Prozent). Ebenso wie Sindelfingen im Kreis Böblingen: 38,9 Prozent waren es dort (Durchschnitt: 44,4 Prozent).

In Mannheim lag die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen dagegen nur bei 26,1 und die der 18- bis 25-Jährigen sogar nur bei 22,1 Prozent. „Hier war aber auch die Gesamtwahlbeteiligung mit 38,7 Prozent sehr niedrig“, sagt Schwarz.

In Heilbronn und Pforzheim waren die Quoten der 16- und 17-Jährigen mit 36,4 und 31,6 Prozent immerhin höher als die Wahlbeteiligung der 18- bis 25-Jährigen. „Wir müssen einfach stärker herausstellen, dass die Leute mit ihrer Stimme mitbestimmen können, und das gilt für Jugendliche bis hin zu den Erwachsenen“, erklärt Schwarz. Denn „Demokratie an sich muss immer für sich werben“, so Schwarz. Alles in allem zeigen die Ergebnisse, dass es richtig gewesen sei, das Wahlalter zu senken.

Dass in absehbarer Zeit auch das Wahlalter bei der Landtagswahl gesenkt werde, hält Schwarz allerdings für unwahrscheinlich. „Dazu müsste man die Landesverfassung mit einer Zweidrittelmehrheit ändern, aber die CDU wird sich nicht dafür aussprechen“, sagt Schwarz. Für die Kommunalwahl konnte die Altersabsenkung im Frühjahr 2013 mit einer grün-roten Mehrheit im Landtag durchgesetzt werden.

Welche Parteien die Jugendlichen bevorzugt gewählt haben, ist unklar. Das Statistische Landesamt hat dazu keine Zahlen.

Damit die Jugend kommunalpolitisch am Ball bleibt, sollen die Jugendgemeinderäte künftig nach den Plänen der grün-roten Landesregierung verbindliche Mitwirkungsrechte bekommen. Bisher konnte es sein, dass Jugendgemeinderäte ihr Anliegen im Gemeinderat vorstellen konnten, aber dies ist nicht als Recht in der Gemeindeordnung verankert. „Aber wenn wir schon einen Jugendgemeinderat haben, dann ist das keine Spielwiese mehr. Dann sollten die Ideen der Jugendlichen tatsächlich im Gemeinderat gehört und diskutiert werden – bevor sie entschieden werden“, so Schwarz.

Ganz genau heißt das nun, dass die Jugendgemeinderäte ein Rederecht und Antragsrecht bekommen sollen sowie ein kleines Budget. Nach der Sommerpause werde dazu die Gemeindeordnung geändert, so sei es in der Koalition abgesprochen, sagt Schwarz.