Der VW-Zulieferer Bosch soll von dem Betrug profitiert haben. Foto: factum/Weise

In der VW-Affäre um manipulierte Abgaswerte von Dieselautos gerät nun auch der Zulieferer Bosch unter Druck. In den USA ist der Stuttgarter Technikkonzern wegen angeblicher Komplizenschaft in dem Betrugsfall verklagt worden.

New York/Stuttgart - Ein Bosch-Sprecher wollte zu den Vorwürfen am Mittwoch keinen Kommentar abgeben und verwies lediglich auf ein Statement vom 24. September. Darin weist das Unternehmen eine Verantwortung von sich.

Bereits am Montag wurde beim Bezirksgericht in Detroit eine Sammelklage eingereicht, die Bosch neben dem VW-Konzern, dessen Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn und dem aktuellen US-Chef Michael Horn als Beklagte aufführt. Bosch wird beschuldigt, im Abgas-Skandal Teil einer „Verschwörung“ gewesen zu sein. Der Betrug sei durch den Zulieferer, von dem die nötige Software stamme, gefördert und begünstigt worden, heißt es in der 56-seitigen Anklageschrift.

Bosch hatte in seiner früheren Stellungnahme vom September erklärt, als Zulieferer lediglich Komponenten nach den speziellen Anforderungen der Kunden bereitzustellen. Was dann damit geschehe, liege in der Verantwortung der Autobauer. Kurz zuvor hatte VW die Manipulation von Abgas-Messwerten durch eine spezielle Betrugs-Software („Defeat Device“) nach entsprechenden Vorwürfen der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt. Die Wolfsburger hatten zugegeben, dass weltweit mindestens elf Millionen Autos betroffen sind.

Vom Betrug profitiert

Bosch wird verdächtigt, VW bereits vor Jahren über Bedenken bei den Komponenten informiert, dann aber trotzdem weiter Millionen davon angeboten zu haben. „Anstatt sich zu weigern, Volkswagen weiter mit „Defeat Devices“ zu beliefern, von denen Bosch wusste, dass sie kriminellen Betrug ermöglichen würden, entschied sich Bosch, vom Betrug zu profitieren“, heißt es in der Klage. Ende September hatte die „Bild am Sonntag“ über ein Schreiben berichtet, in dem Bosch VW 2007 vor einer illegalen Verwendung der Technik gewarnt haben soll.

Bosch wollte auf Nachfrage keine Angaben dazu machen, wie viele Zivilklagen bereits gegen das Unternehmen eingereicht wurden. In einem Brief der VW-Anwälte, der bereits vom 20. Oktober datiert, hieß es im Zusammenhang mit den über 350 potenziellen Sammelklagen, die bis zum damaligen Zeitpunkt in den USA gegen den Konzern eingereicht wurden, auch der Name Bosch tauche mehrfach als Beklagte auf.

Noch ist es zu früh, um das Risiko für Bosch abzuschätzen. Im US-Recht ist es relativ leicht, in Fällen wie dem Abgas-Skandal zu klagen. Für Anwälte sind Sammelverfahren gegen Konzerne lukrativ, sie übernehmen die Fälle oft gegen eine Beteiligung an den erstrittenen Entschädigungs- oder Vergleichssummen. Da VW bereits ein umfassendes Schuldgeständnis abgegeben hat, sind viele Kanzleien auf Mandatsjagd.

Klageflut von Autobesitzern und Anlegern

Am Donnerstag will ein Ausschuss der US-Justiz in New Orleans beraten, wie mit der Klageflut in der Abgas-Affäre umgegangen werden soll. Die VW-Anwälte dringen darauf, die Sammelklagen bei Gerichten in Virginia oder Michigan zu bündeln. Einige Kläger wollen in Kalifornien verhandeln. Der US-Staat gilt als Klimaschutz-Vorreiter.

Für Volkswagen geht es bei den Zivilklagen vor allem um Vorwürfe von Autobesitzern wegen Betrugs und Vertragsbruchs. Es klagen aber auch Anleger, die unter dem Absturz der VW-Aktie litten, sowie US-Landkreise wegen Umweltverschmutzung. Zudem ermitteln das US-Justizministerium und mehrere Bundesstaaten.

In den USA betrifft die Manipulation von Emissions-Messwerten mit einer Software, die die Abgasreinigung nur im Testmodus voll aktiviert, fast eine halbe Million VW-Diesel mit 2,0-Liter- und über 85 000 mit 3,0-Liter-Motoren. VW droht eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar. Das ist aber zunächst ein theoretisches Höchstmaß.