Der türkische Präsident Erdogan hat seine Liebe zu VW entdeckt. Foto: AP

Der türkische Präsident weist seine Amtsträger an, künftig den VW-Passat als Dienstwagen zu nutzen. Hintergrund: Volkswagen baut eine Fabrik in der Türkei. Viele Experten sind entsetzt.

Ankara - Noch ist die Entscheidung zum Bau eines neuen VW-Werks in der Westtürkei nicht offiziell bestätigt – und bis die Bänder anlaufen, werden wohl noch drei Jahre vergehen. Aber einen begeisterten Kunden hat Volkswagen in der Türkei bereits gewonnen: Staatschef Recep Tayyip Erdogan wies jetzt die Führungsriege seiner islamisch-konservativen AKP an, auf den VW Passat als neuen Dienstwagen umzusteigen. Das meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Parteifunktionäre.

Das neue Werk, das VW für 1,3 Milliarden Euro bei Izmir in der Westtürkei bauen will, soll pro Jahr rund 300 000 Autos der Modelle Passat und Skoda Superb produzieren. Von Erdogans Weisung sind zunächst nur 19 AKP-Spitzenfunktionäre betroffen, die jetzt noch Audi-Dienstwagen fahren. Die Leasingverträge laufen in etwa zwei Monaten aus. Da es nur um wenige Fahrzeuge geht und die Marke Audi zum VW-Konzern gehört, spielt der Wechsel zunächst keine große Rolle für VW. Aber das dürfte nur den Anfang sein. Der türkische Staat betreibt etwa 110 000 Dienstwagen und gab im vergangenen Jahr umgerechnet rund 85 Millionen Euro für Leasingverträge aus. Da Erdogans Wort in der Türkei Gesetz ist und die meisten Behördenchefs dem Präsidenten in vorauseilendem Gehorsam ergeben sind, kann VW damit rechnen, dass bald weitere Staatsdiener in einen Passat steigen.

Der Präsident fährt Maybach

Die geplante Milliardeninvestition ist angesichts der Demokratie-Defizite in der Türkei, der Menschenrechtsverletzungen und der gespannten Beziehungen zu Deutschland umstritten. In den vergangenen Tagen wurde fünf Deutsche in der Türkei festgenommen, unter ihnen eine 58-jährige Hamburgerin. Der Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer (Grüne) sagte der britischen Zeitung Daily Express, die Entscheidung des Volkswagen-Vorstandes für den Standort Türkei sei „bestürzend“. Nach Einschätzung Bütikofers haben türkische Subventionen von umgerechnet 400 Millionen Euro und eine Abnahmegarantie von 40 000 Behördenfahrzeugen den Ausschlag gegeben. Dass Erdogan selbst auf VW umsteigt, ist allerdings nicht zu erwarten. Er lässt sich in einem gepanzerten Mercedes-Maybach umherfahren.