Ein Fleisch- und Wurstproduzent stemmt sich vor Gericht gegen schwere Vorwürfe Foto: vario-press

Wilhelm Dietz, Chef der gleichnamigen Großmetzgerei in Bietigheim-Bissingen, kämpft vor dem Landgericht Stuttgart um seinen guten Ruf. Der Firmenchef erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft und spricht von „maximaler Rufschädigung“.

Stuttgart/Bietigheim-Bissingen - Gleich zu Beginn der Verhandlung vor der 20. Wirtschaftsstrafkammer hebt Wilhelm Dietz, dessen Lebensgefährtin ebenfalls angeklagt ist, zu einer flammenden und teils verbitterten Verteidigungsrede an. „Für uns ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Unser kleiner Sohn fragt schon, ob der Papa ins Gefängnis muss. Wir versichern, wir haben nichts hinterzogen.“

Die Steuerbehörden und die Staatsanwaltschaft sehen das anders. Der Chef des Unternehmens Dietz mit Hauptsitz in Bietigheim-Bissingen im Kreis Ludwigsburg, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Wurst- und Fleischproduzenten aus Schopfloch (Kreis Esslingen), habe von 2003 bis 2008 sage und schreibe rund 2,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen – Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie Umsatz- und Einkommensteuer. Tagesendsummen sollen manipuliert worden sein, es habe Bargeldentnahmen gegeben, heißt es in der Anklage. Die Lebensgefährtin von Wilhelm Dietz, in dem traditionsreichen Unternehmen, das 2014 sein 125-Jahr-Jubiläum gefeiert hat, als Chefin angesehen und mit Prokura ausgestattet, soll falsche Kassenberichte gefertigt und Einnahmen aus der Sparte Partyservice manipuliert haben. Zudem seien die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen falsch. Das alles summiere sich auf rund 2,5 Millionen Euro, die an Steuern hinterzogen worden seien.

„Immer mit Steuerberater gearbeitet“

Die Firma Dietz aus Bietigheim, die Wilhelm Dietz nach dem Tod seines Vaters übernommen und kontinuierlich ausgebaut hat, beschäftigt 120 Mitarbeiter im Hauptsitz und in den 17 Filialen. Allein in Stuttgart wird in sechs Geschäften Wurst, Fleisch und Käse verkauft. Weitere Filialen gibt es unter anderem in Heilbronn, Ludwigsburg und Fellbach. Wilhelm Dietz betont, er habe schon immer Steuerberater beschäftigt, die auch für die Buchführung zuständig gewesen seien. Der jeweilige Mitarbeiter habe sogar einen eigenen Arbeitsplatz im Stammsitz des Unternehmens gehabt. „Der Steuerberater hatte immer Zugang zu allen Unterlagen und zu allen Betriebsbereichen“, so Dietz. Niemals seien Kassenbons gefälscht, niemals seien Umsätze an der Kasse vorbeigeschleust worden. Die Staatsanwaltschaft habe unreflektiert den falschen Bericht der Steuerbehörde „abgepinselt“, sagt Dietz.

Hunderte Partyservice-Kunden seien angeschrieben worden – ohne Ergebnis. Die Energiekosten hätten sich in den vergangenen Jahren verdoppelt, drei Betriebsprüfungen seien vorgenommen worden – ohne Beanstandungen. Nichts davon sei in der Anklage der Staatsanwaltschaft berücksichtigt worden.

Anwalt nennt Vorwürfe „absurd“

Verteidiger Stefan Lämmer fährt in einem vorgezogenen Plädoyer ebenfalls schwere Geschütze auf. Bei den Ermittlungen seien „rechtsstaatliche Grenzen teilweise überschritten worden“, so Lämmer. Einseitig und schlampig sei ermittelt worden, die Vorwürfe seien absurd. Schließlich habe das Finanzgericht im Juli 2014 die Vollziehung der Steuerbescheide ausgesetzt, weil sie ihm nicht plausibel erschienen seien, so der Anwalt. Lämmer beantragt, das bereits sieben Jahre währende Verfahren einzustellen.

„Wir sind wegen der Ermittlungen knapp an einer Insolvenz vorbeigeschrammt. So werden Leute und Betriebe zerstört“, klagt Wilhelm Dietz. Der Prozess wird am 29. September fortgesetzt.