Nach dem Gewinn der Europameisterschaft drehte Frank Stäbler am 11. März eine Ehrenrunde mit der deutschen Flagge durch die Sportstätte in Belgrad. Foto: dpa

Ringerfamilie aus Musberg wirft Stadt und Verein vor, Europameister Frank Stäbler nicht genug zu würdigen.

Leinfelden-Echterdingen - Was macht eine Stadt, wenn einer ihrer Mitbürger Europameister in einer olympischen Sportart wird? Natürlich wird die Athletin oder der Athlet kräftig gefeiert. Mit einem Autokorso durch die Stadt etwa oder doch zumindest mit einem Empfang im Rathaus und dem anschließenden Eintrag ins goldene Buch.

So ähnlich hatte sich die Ringerfamilie aus Musberg (Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen) die offiziellen Reaktionen vorgestellt als einer der Ihren, der 22 Jahre junge Frank Stäbler, Mitte März in Belgrad den Europatitel geholt hatte. Zuletzt hatte der Aalener Ringer Thomas Zander vor 18 Jahren einen solchen Erfolg für die deutsche Ringerszene verbuchen können.

Empfang für den frisch gekürten Champion

Die von der Musberger Ringerfamilie erhofften Reaktionen auf Stäblers Triumph blieben allerdings aus. Zwar berichteten die Zeitungen, Funk und Fernsehen über den Titelgewinn des aufstrebenden Ringerstars aus dem Schwabenland, aber in Stäblers Heimatstadt passierte so gut wie nichts.

Am Abend seiner Rückkehr organisierte die Ringerabteilung des TSV Musberg einen Empfang für den frisch gekürten Champion. Die Stadt schickte in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters Roland Klenk ihren Baubürgermeister Frank Otte. Der Hauptverein war durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten, die allerdings der Ringerabteilung angehören. Gefeiert wurde Stäblers Erfolg damals dennoch ausgelassen.

Empörung und Enttäuschung unter den Fans der einstmals in Deutschland äußerst populären Sportart entstanden erst Tage später. „Wir hatten erwartet, dass das städtische Amtsblatt groß mit Frank auf der ersten Seite aufmacht“, beschreibt Waltraud Fischer, eine langjährige Unterstützerin der Musberger Kraftsportler, die Erwartungen.

Ganz Leinfelden-Echterdingen hat Verständnis für Unmut

Nachdem solche Reaktionen ausgeblieben sind, verschafft Fischer jetzt ihrer Enttäuschung mit einem offenen Brief an OB Klenk und den TSV-Vorsitzenden Gerd Studer ein Ventil. „Ich finde es unglaublich, dass weder die Stadt noch der TSV Musberg es für nötig hielten, Frank Stäbler die angebrachte Hochachtung entgegenzubringen“, heißt es in dem Schreiben. Mit ihrem Unmut, so Waltraud Fischer, stehe sie nicht alleine. Für ihre Anliegen habe sie in Musberg und in der ganzen Stadt Leinfelden-Echterdingen Verständnis und Unterstützung gefunden.

Seitens der Stadt zeigt man sich überrascht, dass der Titelgewinn des jungen Ringers noch keinen Niederschlag im städtischen Amtsblatt gefunden hat. „Dieses Versäumnis ist der Osterferienzeit geschuldet“, entschuldigt Rathaussprecher Klaus Peter Wagner die fehlende Würdigung. Er verspricht: „Die Stadt bügelt diesen Fehler aus.“

TSV-Chef findet Kritik total überzogen

Der Vorsitzende des TSV Musberg gibt sich weniger reumütig. Er habe Stäbler bei einem Besuch persönlich gratuliert, sagt Gerd Studer. Am Empfang der Ringerabteilung habe er nicht teilnehmen können, da er sich im Urlaub befunden habe. Die Kritik am Verein und an der Stadt hält der TSV-Chef deshalb generell für total überzogen.

Der 22-jährige Europameister räumt ein, dass er es gern gesehen hätte, wenn sein Erfolg in seiner Heimatstadt mehr gewürdigt worden wäre. Den Blick zurück im Zorn schenkt sich Stäbler allerdings. Derzeit trainiert der angehende Fachinformatiker für die Olympischen Spiele im August in London. Gewinnt er dort eine Medaille, will sich in deren Glanz bestimmt ganz Leinfelden-Echterdingen sonnen.