Querdenken-Gründer Michael Ballweg auf einer Demonstration in Stuttgart: Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Stuttgarter Unternehmer. Foto: Lichtgut/Julian Rettig (Archiv)

Die Ermittlungsbehörde wirft dem Gründer der Querdenker Betrug und Geldwäsche vor. Es geht um eine hohe Summe.

Der Kopf der Querdenker ist ins Visier der Justiz geraten: Am Mittwoch standen knapp 20 Beamte der Kriminalpolizei gegen 7 Uhr bei Michael Ballweg und einem weiteren Tatverdächtigen vor der Haustür. Gegen die zwei wird wegen des Verdachts des Betrugs und der Geldwäsche ermittelt. Polizeibeamte durchsuchten ebenfalls am Mittwoch zwei Wohnungen und Geschäftsräume des IT-Unternehmers in Stuttgart. Die Staatsanwaltschaft beantragte gegen Ballweg einen Haftbefehl. Ein Richter setzte diesen am späten Nachmittag in Vollzug, Ballweg kam in Untersuchungshaft.

Ballweg hatte Querdenken 711 im Frühjahr 2020 ins Leben gerufen. Er kritisierte die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie. Mit einer Klage gegen ein von der Stadt Stuttgart verhängtes Verbot für eine Versammlung hatte er Erfolg. Auch danach ließ er nicht nach und demonstrierte weiter. Laut der Staatsanwaltschaft soll er bereits im Mai 2020 begonnen haben, Geld für das Projekt einzuwerben. Eine „höhere sechsstellige Summe“ dieses für die Querdenken-Bewegung gedachten Geldes soll er laut der Ermittlungsbehörde „zweckwidrig für sich verwendet haben“. Damit habe er die Spenderinnen und Spender über die beabsichtigte Verwendung getäuscht. Die Staatsanwaltschaft ermittelte daher gegen ihn und einen weiteren Tatverdächtigen wegen des Anfangsverdachts der Geldwäsche und des Betrugs. Als die Ermittelnden nun ausreichend Verdachtsmomente zusammengetragen hatten, beantragte die Staatsanwaltschaft einen Durchsuchungsbeschluss, dem ein Richter stattgab. Mit diesem ging die Polizei am Mittwoch dann in die Privat- und Geschäftsräume. Dort sollen Beweismittel beschlagnahmt worden sein. Die Ermittelnden verraten jedoch nicht, um was es sich dabei handelt. Die Ermittlungen liefen nun weiter, das Beweismaterial müsse ausgewertet werden, so die Staatsanwaltschaft.

Vorwurf des Betrugs und der Geldwäsche

Auf der Social-Media-Plattform Telegram tritt der Rechtsanwalt Ralf Ludwig, der ebenfalls in der Szene aktiv ist, den Vorwürfen entgegen. Er gehe davon aus, dass die „Vorwürfe konstruiert werden, um die vermeintlich führenden Köpfe mit staatlicher Gewalt verfolgen zu können. Wir erwarten, dass ähnlich wie bei anderen totalitären Regimen, noch weitere Kritiker auf diese Weise eingeschüchtert werden sollen.“ Bemühungen, Ballwegs Anwalt zu erreichen, waren am Mittwoch nicht erfolgreich.

Die Querdenker haben immer wieder in der Kritik gestanden. Unter anderem wurde gegen Ballweg schon wegen Verstößen gegen das Versammlungsrecht ermittelt. Auch stellte Baden-Württemberg die Bewegung im Herbst 2020 unter die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, weil es immer wieder Kontakte mit führenden Vertretern der „Reichsbürger“-Szene gegeben haben soll. Ballweg war dem stets entgegengetreten und betonte, seine Bewegung sei völlig unpolitisch. Auf seinen Demos sprach unter anderem der Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen. Auf einer Demo im Schlossgarten wurde der Holocaust-Leugner Nikolai Nerling von Sicherheitsleuten der Querdenker durch die Absperrung in den Backstagebereich geholt und mit Umarmung empfangen.

Ballwegs Initiative fand im Sommer 2020 viele Nachahmer in ganz Deutschland, die sich ebenfalls Querdenken nannten und auch die Telefonvorwahl des jeweiligen Orts im Titel trugen. Zuletzt war es um die Bewegung ruhig geworden, auch weil aktuell kaum noch Einschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus gelten.

Ballweg hatte sich jedoch erst im April zu Wort gemeldet und gesagt, er sehe keinen Grund, die Proteste zu beenden. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte der Kopf der Querdenker, die Bewegung demonstriere nicht gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, sondern „für die vollständige Wiederherstellung unserer Grundrechte“. Diese sehe er durch die Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie dauerhaft gefährdet. Jedoch blieb es in den zurückliegenden Wochen und Monaten ruhig.