Streitpunkt Abgaswerte: Oft sind sie auf dem Prüfstand niedriger als auf der Straße Foto: dpa

Das Kraftfahrtbundesamt wirft nun auch Daimler vor, eine illegale Abgastechnik beim Kleinlaster Vito eingesetzt zu haben. Die deutschen Autobauer sehen sich in der Dieselkrise mit immer neuen Vorwürfen konfrontiert.

Stuttgart - Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat sich in den vergangenen Monaten immer häufiger mit den deutschen Autoherstellern und dem heiklen Thema Abgasreinigung auseinandergesetzt. Der Vorwurf: Im Betrieb der fraglichen Fahrzeuge kommt es zu erhöhten – und damit unerlaubten – Emissionen von Stickoxiden. Das KBA wirft nun auch dem Stuttgarter Autobauer Daimler vor, eine illegale Abgastechnik eingesetzt zu haben. Konkret geht es um den Transporter Vito. Daimler ist vom KBA aufgefordert worden, weltweit gut 4900 Fahrzeuge dieses Modells mit 1,6 Liter-Dieselmotor zurückzurufen und nachzubessern, wie das Bundesverkehrsministerium am Donnerstag mitgeteilt hat. Daimler legt nach eigenen Angaben Widerspruch gegen den Bescheid ein und will notfalls auch vor Gericht gehen, wie der Autobauer mitteilte.

Porsche hat Ärger mit Audi-Motoren

Damit sehen sich die deutschen Automobilhersteller mit weiteren Vorwürfen in der Dieselaffäre konfrontiert, die bei Volkswagen ihren Anfang genommen und zu umfassenden juristischen und personellen Konsequenzen bei dem Wolfsburger Automobilkonzern geführt hat. Vor einer Woche ist bekannt geworden, dass Porsche ebenfalls Bescheide vom KBA erhalten hat. Der Sportwagenbauer muss wegen einer illegalen Abschalteinrichtung rund 60 000 Diesel-Fahrzeuge der Modelle Macan und Cayenne zurückrufen. Konkret geht es laut Bundesverkehrsministerium um 6755 Cayenne 4,2 Liter V8 TDI, davon 3954 in Deutschland, und 52 831 Macan 3,0 Liter V6 TDI, davon 15 180 in Deutschland. Beide haben die Abgasnorm Euro 6 – wie die nun beanstandeten Vito-Modelle. Die Euro-6-Norm ist die derzeit strengste Abgasnorm. Porsche hatte im Januar schon einmal mitgeteilt, dass in Abstimmung mit dem KBA an Software-Updates für die genannten Modelle gearbeitet werde und die Autos nach Freigabe in die Werkstätten gerufen werden sollen. Im vergangenen Sommer hatte das KBA bereits einen Zwangsrückruf für rund 21 500 Cayenne-V6-Diesel verhängt und vorübergehend auch ein Zulassungsverbot ausgesprochen. Die Dieselmotoren in den Fahrzeugen stammen von Audi. Porsche selbst produziert keine.

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Audi wird immer wieder eingeholt

Der Dieselskandal holt Audi immer wieder ein. Jüngster Fall: Vor zwei Wochen stoppte der Ingolstädter Autobauer die Auslieferung der als Dienstwagen beliebten Modelle A6 und A7 mit 271-PS-Dieselmotor. Das Kraftfahrt-Bundesamt leitete eine Anhörung ein. Laut Audi geht es um den seit 2014 in rund 60 000 Fahrzeuge vom Typ A6 und A7 eingebauten Sechszylinder-Diesel.

Audi-Chef Rupert Stadler räumte schwere Fehler im jüngsten Fall mutmaßlicher Abgas-Täuschungen ein, sagte aber auch: „Der Arbeitsfehler in einer unserer Fachabteilungen ist gravierend. Es ist aber keine neue Manipulationssoftware“, versicherte der Audi-Chef.

BMW sieht sich kaum betroffen

Daimler-Konkurrent BMW sieht sich hingegen weiterhin, wenn überhaupt, nur am Rande von der Dieselkrise betroffen. Sowohl BMW-Vorstandschef Harald Krüger als auch Aufsichtsratschef Norbert Reithofer haben bei der diesjährigen Hauptversammlung der Münchner zwar eine Panne bei der Abgasreinigung eines Dieselmotors eingeräumt, aber jede Absicht bestritten: Bei 11 700 BMW-Fahrzeugen sei irrtümlich eine nicht passende Software aufgespielt worden.

Das KBA hatte im März den Rückruf der Autos wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet, die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt. Reithofer betonte, der „handwerkliche, menschliche Fehler“ habe nicht dazu geführt, dass die Abgaswerte auf dem Prüfstand niedriger gewesen wären als auf der Straße. Laut Krüger habe dies nichts mit einer gezielten Manipulation von Motorsteuerung und Abgasreinigung zu tun.