Die Ludwigsburger AfD-Fraktionsvorsitzende diskreditiert Abdi Ahmed mit Antifa-Vorwürfen. Bedrückend ist das Verhalten des Oberbürgermeisters, kommentiert Redakteur Emanuel Hege.
Die AfD wollte sich im Ludwigsburger Gemeinderat offensichtlich das erste Mal richtig aufplustern – und landet auf dem Hosenboden. Doch die Aktion ist nicht nur für die Fraktionsvorsitzende Carina Kuhnke hoch peinlich, auch Oberbürgermeister Matthias Knecht hat es verpasst, seinen Worten Taten folgen zu lassen.
Carina Kuhnkes Angriff auf den Jugendgemeinderat Abdi Ahmed hat aufgezeigt, was die AfD von Meinungsvielfalt hält: gar nichts. Einen Jugendgemeinderat dafür zu kritisieren, SPD-Mitglied und auf Demos gesichtet worden zu sein, ist eine Farce. Wir sollten froh über engagierte Jugendliche wie Abdi Ahmed sein, die sich eine politische Meinung bilden und diese friedlich vertreten. Mit solch haltlosen Angriffen demoralisieren wir den politischen Nachwuchs, den diese Stadt unbedingt braucht.
Abgesehen von der Diffamierung muss man sich die Situation einmal vor Augen halten: Eine Stadträtin der AfD versucht mit unbegründeten Antifa-Vorwürfen einen Skandal auszulösen. Die gleiche AfD, die gerade ihren gesichert rechtsextremen Jugendverband auflösen muss, um ihn aus dem Blickfeld des Verfassungsschutzes zu nehmen.
Kein Platz für Klientelpolitik und Diffamierung
Aber: Das ist AfD-Taktik. Alles schon gesehen, alles schon bekannt. Enttäuschend ist hingegen das Verhalten von Oberbürgermeister Matthias Knecht. Als Leiter der Gemeinderatssitzungen hätte er an Ort und Stelle ein deutlicheres Statement setzen können. Dass es in diesem Gremium keinen Platz für Klientelpolitik und Diffamierung gibt – erst recht nicht auf dem Rücken eines Schülers.
Ja, er wurde während der Sitzung von dem AfD-Angriff überrascht. Doch auch im Nachhinein hat sich Knecht nicht um die Aufarbeitung gekümmert. Erst als Reaktion auf eine Medienberichterstattung wurde der Oberbürgermeister aktiv und verschickte eine Mitteilung an Stadträte und Presse – doch auch das missglückte.
Ohne Beweise an den Pranger gestellt
Ein großer Teil der fast 400 Wörter drehen sich um seine Bemühungen, die Vorwürfe aufzuklären, seine Kritik an der Antifa und eine Art Standpauke für Ahmed. „Ich habe ihm seine Verantwortung für angemessenen demokratischen Umgang als Jugendgemeinderat deutlich gemacht“, schreibt Knecht – und das, obwohl sich Ahmed gar nichts zuschulden hat kommen lassen.
In nur 60 Wörtern geht er auf das Fehlverhalten Kuhnkes ein. Strenge und richtige Worte, die im Vergleich zum restlichen Inhalt aber unverhältnismäßig kurz kommen.
In einem Interview mit unserer Zeitung vor der Bundestagswahl sagte Knecht, dass er eine klare Grenze bei antidemokratischen Diskussionen zieht und darauf mit klarer Kante reagiert. Die AfD hat die gewählte Instanz des Jugendgemeinderats diskreditiert, einen gewählten Rat ohne Beweise an den Pranger gestellt und mit einer Scheindiskussion von wahren kommunalpolitischen Themen abgelenkt. Eine antidemokratische Diskussion hat es also gegeben, nur die klare Kante nicht.