Auf den Sortierbändern im DHL-Paketzentrum Köngen wird es eng: Die Vorweihnachtszeit ist dort Hauptsaison. Foto: Michele Danze

Besinnliche Weihnachtszeit? In den DHL-Paketzentren ist davon nichts zu spüren. Im Gegenteil: In Köngen (Kreis Esslingen) beackern jetzt 300 Beschäftigte in zwei Schichten bis zu 420.000 Pakete pro Nacht.

Köngen - Der Mann in der Steuerzentrale atmet durch: Er muss die Lastwagen disponieren, die sich vor dem Köngener Frachtzentrum in einer Warteschlange zurückstauen. So läuft das zurzeit jede Nacht: Zwischen 22 und 6 Uhr ist Eingang – Pakete aus der ganzen Welt treffen ein, um im Raum Stuttgart zugestellt zu werden. Abgang ist zwischen 14 und spätestens 21 Uhr: Dann verlassen die Pakete aus der Region den Verteiler in Köngen in alle Himmelsrichtungen.

Einzugsgebiet für das Zentrum in Köngen ist die Neckarschiene, sagt der Leiter, Erhard Veigel: also von Heilbronn bis Göppingen alle Ortschaften mit den ersten zwei Ziffern 70 und 73 der Postleitzahl. Dazu gehört auch die gesamte Landeshauptstadt. Westlich der Neckarschiene ist das Zentrum in Eutingen (Kreis Freudenstadt) zuständig, südöstlich übernimmt Günzburg die Fracht.

Ein Blick auf das rasante Wachstum des Paketaufkommens lässt nur einen Schluss zu: Nie lief der Online-Handel besser als heute. Und die Prognosen sehen ein weiteres Wachstum voraus. „Das Zauberwort ist Amazon“, raunt ein Mitarbeiter. Ein anderes heißt Zalando. Aber auch Fachhändler aus der Elektronik- und Modebranche haben Anteile am Boom. Erhard Veigel bestätigt: „80 Prozent unserer Kunden sind gewerblich, 20 Prozent privat.“ Kunden sind für DHL immer die Absender.

Alles ist in Bewegung

In der Vorweihnachtszeit scheinen auch dieses Jahr wieder alle Dämme zu brechen: Es wird so viel bestellt und verschickt, dass der Zuwachs gegenüber dem Weihnachtsgeschäft 2011 deutlich über zehn Prozent liegen dürfte, prognostiziert Pressesprecher Gerold Beck. Er könnte sogar wieder nahe 20 Prozent liegen. Wer in der U-förmigen 270 Meter langen und 126 Meter breiten Halle nun aber überall turmhohe Paketberge vermutet, liegt falsch: Alles ist in Bewegung, maximal dreht ein Paket mal eine zwölfminütige Ehrenrunde auf dem Sortierband, wenn auf der Rutsche zum Tor ein Stau war.

Sorter heißen die Bänder im Fachjargon, fünf kleinere gibt es davon in Köngen und zwei große. „Von hier hat man einen tollen Blick, wenn man sich für Technik interessiert“, schaut Erhard Veigel von oben stolz herab auf die Bänder, die sich wie Schlangen durch die Halle winden. Nirgends steht irgendetwas herum, die Logistik ist perfekt.

200 Menschen arbeiten dort übers Jahr, jetzt sind es 300. „Bei uns gelten Tarifverträge, die Mitarbeiter sind sozialversichert und erhalten Zulagen“, sagt Gerold Beck. Das sei in der Branche nicht selbstverständlich. Die Vorsortierung leisten aber Hochleistungsscanner. Sie suchen die Postleitzahl und schicken das Paket zunächst auf den richtigen Hauptsorter mit jeweils 88 Kippschalen. Von dort gehen die Rutschen zu den Toren weg. Der Scanner sucht für jedes Paket den kürzesten Weg bis zum Lkw-Container. Sieben bis acht Kilo wiegen die Pakete im Schnitt, 31,5 Kilo ist die Obergrenze. Die kleinsten Teile werden auf dem Sorter in eine Förderhilfe namens Mausefalle verfrachtet, damit sie nirgends dazwischengeraten. Von den Kippschalen geht alles über Rutschen auf die Beladeteleskope, die an den Toren bis zu sieben Meter in die Fahrzeuge hineinreichen.

Im Paket noch einmal die Adresse angeben

Als Paket verschickt wird aber nicht nur Sperriges, sondern auch Wertvolles: Im Gegensatz zum Päckchen ist der Inhalt bis 500 Euro versichert. „Das Paket hat einen Lebenslauf, das Päckchen nicht“, sagt Erhard Veigel und meint damit die lückenlose Überwachung oder auch den physikalischen Paketfluss. Jedes Stück wird schon in der Filiale gescannt, dann im Frachtzentrum, zuletzt beim Zusteller auf dem Handscanner. Die Doku-Quote liege bei 99,9 Prozent: „Das ist eine sehr sichere Sache, die Zahl der Reklamationen ist verschwindend gering.“ Falls sich doch einmal der Adress-Aufkleber lösen sollte, gibt es noch Hoffnung: „Wir haben eine eigene Sicherheitsabteilung“, sagt Gerold Beck. Dort werden unter bestimmten Voraussetzungen und videoüberwacht Pakete geöffnet, die nicht zugestellt werden können. Erhard Veigel empfiehlt deshalb, im Paket noch einmal die Adresse anzugeben.

Um Diebstahl auszuschließen, werden bei den Beschäftigten per Zufallsgenerator Taschenkontrollen gemacht. Tragetaschen müssen grundsätzlich durchsichtig sein. Sicherheit sei oberstes Gebot, sagt Veigel: „Die Fracht ist schließlich nicht unser Eigentum.“

Um in der Vorweihnachtszeit über die Runden zu kommen, stellt DHL als größter Dienstleister bundesweit noch 10.000 zusätzliche Kräfte ein, davon in Baden-Württemberg 1200. Und ausgeliefert wird in die entlegensten Winkel. Im Schwarzwald sind einige Zusteller mit Langlaufskiern ausgerüstet, im Spreewald ist ein Postkahn im Einsatz, auf die Halligen fährt ein Postboot.