Päckchen einpacken gehört zu den beliebten Vorbereitungen für Weihnachten. Spielwaren Heiges in Esslingen bietet seiner Kundschaft dazu eigens eine Packstation an. Foto: Roberto Bulgrin

Spielsachen, Bücher, Kleidung und noch vieles mehr landen Jahr für Jahr unterm Weihnachtsbaum. Kann der Esslinger Einzelhandel seine Umsätze im Weihnachtsgeschäft auf das Vor-Corona-Niveau heben?

Endlich wieder durch die Stadt schlendern und Schönes für die Lieben zu Hause ergattern: Das gehört für viele Menschen zu den vorweihnachtlichen Freuden. Und da Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, hat die Suche nach passenden Geschenken längst begonnen. Diesmal ist die Adventszeit besonders lang, weil Heiligabend auf einen Samstag fällt. Das freut natürlich auch den Einzelhandel; die Esslinger Gewerbetreibenden hoffen, an die guten Umsätze der Vor-Corona-Zeit anknüpfen zu können. Das ist aber nicht so einfach.

„Bei uns verläuft das Weihnachtsgeschäft noch zögerlich“, berichtet etwa Ulrike Ehrmann. Das könnte an den schrecklichen Ereignissen liegen, die gerade in der Welt passieren, sinniert die Inhaberin der Buchhandlung Provinzbuch in der Küferstraße. Trotzdem ist Ehrmann mit Blick auf die Adventszeit zuversichtlich. Die Buchhändlerin setzt auf Service wie verlängerte Öffnungszeiten bis 18 Uhr an den Adventssamstagen, und auch unter der Woche werde nicht immer Punkt Glockenschlag verriegelt.

Provinzbuch in der Küferstraße hat Chormusik organisiert

Neben dem Verkauf im Laden gibt es den Online-Shop, der sehr gut laufe. Ihr Betrieb fahre immer noch viele Bestellungen aus, was seit der Coronazeit von der Kundschaft gut angenommen werde. Die Buchhändlerin lobt das gute Miteinander der inhabergeführten Läden in der Küferstraße und freut sich über die gute Resonanz ihres Formats „Chöre in der Küferstraße im Advent“.

Die Heiges-Kundschaft hat Freude an schönen Geschenken

Die Kunden seien bereit, schöne Geschenke zu erwerben, berichtet Andreas Walter vom Spielwarengeschäft Heiges. Er beobachte eine Entwicklung nach oben, auch wenn das Niveau von 2019 noch nicht erreicht sei. Erfahrungsgemäß verbessere sich das Geschäft des stationären Handels im Vergleich zu den Online-Händlern immer mehr, je näher das Weihnachtsfest rücke.

Sorgen bereiten dem Geschäftsführer indes die hohen Energiekosten, dieses Problem werde bleiben. Schon jetzt sei er täglich mit den Energieverbräuchen und der Frage nach Einsparmöglichkeiten beschäftigt. Wie sehr die Kerze im Einzelhandel an beiden Enden brenne, zeige die Entscheidung des Stuttgarter Traditionshauses Spielwaren Kurtz – zuletzt Reiterle –, das seit Ende November endgültig geschlossen ist.

Die Modistin Birgit Sophie Metzger hätte sich gewünscht, dass die Beschilderung für den Esslinger Weihnachtsmarkt Auswärtigen auch den Weg durch das Wolfstor und in die Webergasse weisen würde; dort betreibt sie ihr Szenario für Hutcouture und Kunsthandwerk. Denn von der Beschilderung sollten auch die Läden profitieren, die nicht direkt auf dem Weg vom Bushaltepunkt in die Innenstadt liegen, findet Metzger. Da ihr Geschäft nicht weit weg vom Weihnachtsmarkt zu finden ist, beschere das Event ihr dennoch regelmäßig neue, auswärtige Kundschaft, während die Stammkundschaft ruhigere Zeiten bevorzuge. Ihre Branche leide aber unter Nachschubproblemen, beispielsweise beim Biberhaarfilz, und auf eine Sendung österreichischen Strickstoffs, die sich auf dem Postweg verirrte, warte sie seit Wochen vergeblich. Immerhin stehe der Produktion in der Vorweihnachtszeit dank zusätzlicher Kräfte nichts im Wege, da zwei Handwerksgesellinnen den Weg in das Esslinger Atelier gefunden haben.

Der Weihnachtsmarkt tut dem Modehaus Kögel gut

Alexander Kögel vermutet, dass die Kundschaft bereits den Jubiläumsverkauf zum 120-jährigen Bestehen seines Modehauses im Herbst für den Kauf des einen oder anderen Geschenks genutzt hat. Mit der vergangenen Woche ist der IHK-Vizepräsident dank des Weihnachtsmarktes dennoch sehr zufrieden, obwohl das Umsatzniveau der Vor-Corona-Jahre noch nicht erreicht sei. Manche Kunden hätten sich während der Pandemie in Richtung Online-Handel orientiert und Käufe in die Zeit der Black-Week-Rabatte verlegt, vermutet der Kaufmann.

Weil der Verkauf von Winterkleidung, Decken und Heimtextilien stark von der Witterung abhängt, ist Kögel froh, dass auf den milden Herbst nun winterliche Temperaturen folgen. Lange Öffnungszeiten bis 20 Uhr seien schon vor der Pandemie nicht so gut angenommen worden, deshalb habe das Stammhaus montags bis freitags bis 19 Uhr und samstags bis 18 Uhr geöffnet und das jugendliche Pendant Trend in der Bahnhofstraße jeweils bis 19 Uhr.

Kessler Sekt setzt auf die letzten Wochen im Jahr

Sehr zufrieden mit der Kundenfrequenz ist Christopher Baur. Der geschäftsführende Gesellschafter von Kessler Sekt sieht zwar die allgemeine Kauflaune getrübt, ergänzt jedoch: „Wir als Kessler dürfen uns aber sehr glücklich schätzen, dass unsere Kundschaft auch in den schwierigen Zeiten sehr treu ist.“ Das Jahresendgeschäft, das rund 30 Prozent des Jahresumsatzes ausmache, werde in den letzten sechs Wochen erwirtschaftet.

Verhaltener Auftakt für den Handel

Aufholjagd
 Noch unter dem Niveau eines normalen Weihnachtsgeschäfts bewegen sich die Umsätze der Händlerinnen und Händler, meldet der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW). Nach einem verhaltenen Auftakt am ersten Adventssamstag sei nach dem zweiten Adventswochenende ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Das sei erfreulich – nun beginne die Aufholjagd. Konsum und Stimmung seien deutlich gestiegen, daran hätten auch die Weihnachtsmärkte ihren Anteil. Am ersten Adventssamstag waren laut dem HBW vor allem Strickwaren gefragt.

Verband
 Der Blick auf das weitere Weihnachtsgeschäft bleibt verhalten. Knapp 40 Prozent der befragten Betriebe erwarten bei den Themen Kundenfrequenz und Umsatz noch eine Steigerung um 40 Prozent. Der HBW vertritt die Interessen von rund 40 000 Handelsunternehmen in Baden-Württemberg mit einem Jahresumsatz von rund 90 Milliarden Euro.