Am Mittwoch referiert der Leonberger Psychiater Timo Hurst in Weil der Stadt über Ängste und Angststörungen. Im Gespräch erklärt er, woran man diese Störungen erkennt und was dagegen helfen kann.
Platzangst, Panikstörung oder soziale Ängste: Am Mittwoch, 4. Dezember, spricht der Leonberger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Timo Hurst, in Weil der Stadt über Angststörungen.
Wie viele erkranken jährlich an Angststörungen?
Timo Hurst: Einer Auswertung des wissenschaftlichen Institutes der AOK zufolge, waren 2022 3,5 Millionen Menschen deutschlandweit an Angststörungen erkrankt – das entspricht 4,7 Prozent. Man unterscheidet dabei zwischen den vier wesentlichen Formen von Angststörungen: der Panik- und Agoraphobie (Platzangst), der generalisierten Angststörung, der sozialen Angststörung und der spezifischen Angststörung. Davon kommt die soziale Angststörung am meisten vor. Wie oft man sich in Behandlung begibt, sagt aber nichts darüber aus, wie viele tatsächlich darunter leiden. Die Dunkelziffer könnte gerade bei sozialen Ängsten wesentlich höher sein.
Wer ist davon am meisten betroffen?
Generell kann man sagen, dass Frauen im Schnitt doppelt so oft betroffen sind. Was das Erkrankungsalter angeht, liegt der mittlere Wert bei spezifischen Phobien mit sieben Jahren am niedrigsten. Auch Betroffene von sozialen Ängsten sind meist jung, etwa 13 Jahre. Betroffene von Panik- und Agoraphobie sind in etwa 24 Jahre, Betroffene generalisierter Angststörungen etwa 31 Jahre.
Woran erkennt man eine Angststörung?
Ängste können krankhaft werden, wenn sie stärker sind, als der Anlass beziehungsweise der Reiz es rechtfertigen, sie ohne erkennbaren Anlass oder Bezug auftreten oder zu lang dauern. Übermäßige Angst erkennt man also daran, dass sie so stark den Alltag bestimmt, dass man den Alltag nicht mehr wie gewohnt bestreiten kann.
Was hilft gegen Angststörungen?
Bei den meisten Formen von Angst kommen sowohl eine medikamentöse als auch eine psychotherapeutische Behandlung oder beides in Frage. Lediglich bei den phobischen Ängsten steht Psychotherapie eindeutig im Vordergrund. Bei anderen Formen können Medikamente der Einstieg in eine Psychotherapie sein.
Die Vermeidung ist dabei der Gegner jeder wirksamen Angstbehandlung: Vermeidet man etwa Autobahn zu fahren, können irgendwann auch Bundesstraßen zum Problem werden. In einer Verhaltenstherapie wird daher besprochen, wo das Problem liegt und anschließend de-sensibilisiert. Das Gehirn soll neu lernen, was gefährlich ist und was nicht. Dabei wird man mit dem Reiz konfrontiert. Hat jemand zum Beispiel Angst, durch den Engelbergtunnel zu fahren, würde man nachdem man die Sorgen besprochen hat, wieder und wieder dort therapeutisch begleitet durchfahren, bis die Angst schließlich weg ist.
Der Vortrag findet im Klösterle Weil der Stadt von 19 bis 21.30 Uhr statt. Der Eintritt ist frei.
Zur Person
Psychiater
Timo Hurst ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Leonberg. Gemeinsam mit dem Neurologen Ralf Oesterle betreibt er in der Heidenheimer Straße eine Gemeinschaftspraxis.
Leonberger Ärzteschaft
Hurst wurde 2019 zum Vorsitzenden der Leonberger Ärzteschaft gewählt. Davor war er acht Jahre lang Stellvertreter.