Die Diakonie Stetten will die Siedlung Hangweide verkaufen. Foto: Patricia Sigerist

Sozialwissenschaftler Konrad Hummel berichtet über seine Erfahrungen mit der Umwandlung von Gelände. Das Interesse an den Erfahrungen von Konrad Hummel war groß.

Kernen - Die Zeit als Stadtentwickler in Mannheim ist das i-Tüpfelchen auf dem Lebenslauf von Konrad Hummel. Der Sozialwissenschaftler hat einst das Haus, damals Heim, am Kappelberg in Fellbach geleitet, war Sozialbürgermeister in Augsburg oder Abteilungsleiter beim Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung in Berlin. Am Montag hat er bei einer Veranstaltung von Allmende Stetten über seine Erfahrungen mit der Umwandlung von ehemaligen amerikanischen Kasernen in Mannheim in neue Wohngebiete berichtet, im Fachbegriff Konversion genannt.

Das Interesse an den Erfahrungen von Konrad Hummelwar groß, der Nebenraum in der TV-Gaststätte bis auf den letzten Platz gefüllt. Dass Konversion ein komplexer und langwieriger Prozess ist, daraus machte der 65-Jährige keinen Hehl. Dennoch empfahl er den Anwesenden – darunter auch einige Gemeinderäte verschiedener Fraktionen – diesen Weg bei der Hangweide zu gehen. „Wer die Hangweide an einen Investor verkauft, hat verloren.“

Bürgerbeteiligung wichtig, um eine Durchmischung in dem neuen Wohngebiet zu bekommen

In Mannheim hat Konrad Hummel in den vergangenen Jahre dafür gesorgt, dass aus verlassenem Armee-Gelände Lebensraum für Menschen wird. Verschiedene Gruppierungen hat er als Konversionsbeauftragter der Stadt mit ins Boot geholt. „Unsere Ziele in Mannheim waren unter anderem, Behinderte zu integrieren, Migranten sesshaft zu machen, Studenten und auch Reiche zum Bleiben zu bewegen, denn alles andere ist für die Stadt sozialpolitisch eine Katastrophe.“ Bürgerbeteiligung sei extrem wichtig, um eine gute Durchmischung in dem neuen Wohngebiet zu bekommen. „Aber ich spreche von echter Bürgerbeteiligung, nicht von Pseudo-Bürgerversammlungen.“

Wer Pluralität wolle, mache mit Reihenhäuschen niemand glücklich, sagte Konrad Hummel. Auch die Trennung von Arbeit hält der Sozialwissenschaftler nicht immer für nötig, weil sie eine „große Pendlerei“ erzeuge. Wenn es keine Probleme wegen schädlicher Emissionen gebe, stelle sich ihm immer die Frage, wie man Arbeit in die Nähe von Wohnen bringen könne.

Derzeit besitze das Gebiet eine Art Sonderstatus

Die Hangweide nannte Hummel einen „Dinosaurier der Sozialpolitik“, doch sie biete viele Chancen. Das Gebiet gehört der Diakonie Stetten, die es verkaufen will. Die wichtigste Frage laute, wie das Gelände wieder ins Remstal integriert werden könne, sagte Konrad Hummel. „Und, welche Identität Rommelshausen und Stetten an dieser Stelle haben.“ Derzeit besitze das Gebiet eine Art Sonderstatus, den es aufzulösen gelte. Es müsse geklärt werden, wie viele Menschen dort wohnen sollen, und wer, ebenso müsse das Verhältnis von großen und kleinen Wohnungen, bezahlbarem und luxuriösem Wohnraum abgestimmt werden, und ob man Wohnen und Arbeit oder Wohnen und Natur kombinieren wolle. Außerdem gelte es herauszufinden, ob sich Initiativen einbringen wollen. „Mit all den unterschiedlichen Gruppen muss man eine Mischung herbeiverhandeln.“

Mit zehn Hektar sei die Hangweide gerade groß genug, um Gemeinschaftshäuser und Einzelhäuser zu realisieren. Ein wenig irritiere ihn, dass die Diakonie Stetten plane, einige der – neueren – Häuser auf dem Gelände stehen zu lassen, sagte Konrad Hummel. „Bei einer Entwicklung muss das ganze Gelände miteinbezogen werden, aber vielleicht hätte der Charakter des einen oder anderen Hauses auch Charme für die Vielfalt.“ Mit all diesen Themen müsse man sich aber schon im Vorfeld intensiv beschäftigen: „Und zwar bevor die Kreisbau kauft.“ Der Weg hin zu einem von Bürgern mitentwickelten Quartier sei lang, und vieles müsse parallel laufen. „Aber mein Credo ist: Es muss nicht alles perfekt geplant sein, sondern man muss sich Optionen offen halten.“