Wer glaubt, dass im Pflegefall automatisch die Familie alles in die Hand nehmen kann, irrt. Dazu brauchen Angehörige erst eine Vollmacht. Foto: dpa

Experten raten, Angehörigen beizeiten eine Vollmacht zu geben. Als Vorsorge für Unfall oder Krankheit.

Stuttgart - Jeder kann durch einen Unfall oder eine Krankheit plötzlich nicht mehr in der Lage sein, über die eigene Behandlung zu entscheiden. Für viele Menschen ist dies eine beängstigende Situation. Wer entscheidet dann über medizinische Behandlungen, wer führt die Bankgeschäfte? Experten raten für solche Fälle schon jetzt mit einer Vollmacht vorsorgen. Wichtig bei diesen Dokumenten ist, dass sie jeweils vom Verfasser unterschrieben und mit Ort und Datum versehen wurden. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht immer nötig. Allerdings empfiehlt das Bundesjustizministerium, die Vollmachten regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Vorsorgevollmacht: Mit diesem Dokument wird eine geschäftsfähige Person bestimmt, die in rechtlichen, finanziellen und anderen persönlichen Angelegenheiten für einen entscheidet. Das heißt: Der Bevollmächtigte regelt die Betreuung im Heim oder entscheidet, ob Geld abgehoben werden darf. Um zu verhindern, dass ein Fremder diese Macht über das eigene Leben bekommt, hilft nur eine gültige Vorsorgevollmacht. Diese muss schriftlich erteilt werden und sollte den Aufgabenbereich möglichst genau regeln. Gibt es keine Vorsorgevollmacht, entscheidet das Gericht, wer der rechtliche Betreuer wird – das muss nicht automatisch der nächste Angehörige sein. Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen oder geändert werden, solange der Verfasser geschäftsfähig ist. Sie muss nur dann notariell beurkundet werden, wenn der Bevollmächtigte Darlehen oder Immobiliengeschäfte durchführen soll. Vorsicht: Banken und Sparkassen verlangen oft eine gesonderte Vollmacht für Konten und Depots. Juristisch notwendig ist es nicht.

Betreuungsverfügung: In einer Betreuungsverfügung wird festgelegt, wer einen betreuen soll – oder wer es auf keinen Fall tun soll. Diese Form bietet sich an, wenn man keine Vertrauensperson hat, der man die weitreichenden Befugnisse einer Vorsorgevollmacht überlassen möchte, heißt es bei der Bundesnotarkammer. Der Betreuer unterliegt dann der Aufsicht des Gerichts, das die Aufgabenbereiche festlegt – wie finanzielle Angelegenheiten, Heimunterbringung oder Gesundheitsfragen. Auch die Entscheidungen des Betreuers müssen gerichtlich genehmigt werden, somit sind die Möglichkeiten zum Missbrauch weitaus geringer als bei der Vorsorgevollmacht. Das Bundesjustizministerium empfiehlt, zusätzlich zur Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung zu erstellen. So kann es dazu kommen, dass ein Gericht einen Betreuer bestellt, weil in der Vorsorgevollmacht nicht alle notwendigen Aufgabenbereiche aufgeführt wurden. Eine notarielle Beglaubigung des Dokuments ist nicht nötig. Auch kann es jederzeit geändert oder widerrufen werden, solange der Verfasser die Tragweite seiner Entscheidungen erfassen kann.

Patientenverfügung: Die Patientenverfügung ergänzt die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung. Hier wird festgelegt, wie ärztlich behandelt wird – sowohl im Fall der Pflegebedürftigkeit als auch im Sterbefall, beispielsweise ob es lebenserhaltende Maßnahmen geben soll. Auch die Entscheidung für oder gegen eine Organspende kann Teil der Patientenverfügung sein. Seit 2009 gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch die Regelung, dass der Mensch in jeder Phase seines Lebens selbst entscheiden kann, ob und wie er behandelt werden möchte. Eine Nichtbeachtung kann als Körperverletzung geahndet werden.

Organspendeausweis: Der Organspendeausweis dient als verbindliches Dokument der eigenen Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende. Daher sollte dieser immer mit den Personalpapieren bei sich getragen werden, damit er im Notfall schnell gefunden werden kann. Nur so ist der Wille für den Arzt, aber auch für die Angehörigen klar erkennbar: Hat der Verstorbene auf seinem Organspendeausweis entschieden, dass er nicht spenden möchte, muss der Arzt diesen Willen so akzeptieren. Hat sich der Verstorbene hingegen für eine Spende entschieden, wird geprüft, ob seine Organe für eine Spende infrage kommen. Ist das der Fall, werden die Organe entnommen. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie Transplantationsmediziner bestätigen: Selbst wenn der Verstorbene sich per Ausweis für eine Organspende entschieden hat, wird die Familie informiert. Ist diese mit der Organspende des Verstorbenen trotz vorliegender schriftlicher Zustimmung nicht einverstanden, wird aus ethischen Gründen in der Regel auf eine Organentnahme verzichtet – obwohl sie rechtlich zulässig wäre. Gibt es keinen Organspendeausweis, entscheiden die nächsten Angehörigen, ob die Organe entnommen werden dürfen.

Weitere Informationen und auch Vordrucke zu den einzelnen Dokumenten gibt es auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums.