Zur Vorsorgevollmacht kommt die „vermutete“ Vollmacht Foto:  

Wer entscheidet, wenn man selber zu krank dafür ist? Ohne Vorsorgevollmacht sind Ehepartnern die Hände gebunden. Damit sie helfen können, soll der Staat die Vollmacht „vermuten“.

Stuttgart - Ehe- und Lebenspartner sollen in einem gesundheitlichen Notfall auch dann füreinander wichtige Entscheidungen treffen können, wenn keine ausdrückliche Vorsorgevollmacht vorliegt.

Das ist das Ziel eines Gesetzesvorschlags von Landesjustizminister Rainer Stickelberger, der dafür auf der Justizministerkonferenz Mitte Juni in Stuttgart werben will. „Die Vorsorgevollmacht ist und bleibt zwar das Mittel der Wahl, um selbstbestimmt darüber entscheiden zu können, wer beim Verlust der eigenen Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit handeln und entscheiden soll“, sagte der SPD-Politiker unserer Zeitung. Eine solche Vollmacht erteile aber erfahrungsgemäß nur, wer sich auf den Gedanken an Krankheit oder einen schweren Unfall einlasse und aktiv werde. Das seien aber noch immer die wenigsten.

Um Eheleuten den zeitaufwendigen und oft belastenden Weg zum Betreuungsgericht zu ersparen, schlägt Stickelberger deshalb ein neues Instrument vor: die „widerlegbare gesetzliche Vermutung“. Dabei gehe man davon aus, dass der Ehegatte oder Lebenspartner dazu bevollmächtigt ist, für seinen Partner Entscheidungen über medizinische Behandlungen zu treffen, erläutert Ministeriumssprecher Steffen Ganninger den Vorschlag. Damit sollen Eheleute und Lebenspartner etwa in die Lage versetzt werden, Verträge zur Behandlung und Rehabilitation für einen handlungsunfähigen Partner zu schließen.

Die vermutete Vollmacht soll einem Partner außerdem erlauben, Versicherungs- oder Beihilfeleistungen zu beantragen. Dies allerdings nur, sofern es um akute gesundheitliche Fragen geht. Bisher haben 2,7 Millionen Deutsche eine Vorsorgevollmacht erteilt. Stickelberger hält diese Zahl für unzureichend.