Verkehrsminister Wissing stemmt sich gegen das Aus für Verbrenner-Motoren in PKW. Mit seiner Blockade-Politik macht er sich in Brüssel allerdings keine Freunde. Foto: dpa/Helmut Fricke

Ein Vorschlag aus Brüssel wird in Berlin geprüft. Volker Wissing räumt ein, dass noch juristische Fragen geklärt werden müssten.

Der Streit ums Verbrenner-Aus geht in die nächste Runde. Die Bundesregierung habe eine Antwort der EU-Kommission auf jüngste deutsche Lösungsvorschläge erhalten, diese solle nun geprüft werden, wie das Verkehrsministerium am Freitag in Berlin mitteilte. Minister Volker Wissing (FDP) zeigte sich zuversichtlich, dass es nun zu einer gangbaren Lösung kommt. Allerdings räumte er ein, dass noch einige Frage offen seien. „Jetzt müssen letzte juristische Fragen noch geklärt werden, was die technische Umsetzung dieses Vorschlags angeht“, sagte er in Mainz.

Deutschland blockiert Einigung in der EU

Im Grunde geht es darum, ob nach 2035 noch Autos mit klassischem Verbrennungsmotor neu zugelassen werden dürfen. Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland hatte dieser Einigung eigentlich bereits zugestimmt, dringt nun aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

Die Reaktionen in Brüssel auf die Manöver der deutschen Regierung im Streit um das Verbrenner-Aus sind eher niederschmetternd. Zu Beginn des Gipfels in Brüssel warnten am Donnerstag einige der Staats- und Regierungschefs sogar davor, dass Deutschland durch sein Verhalten der Europäischen Union großen Schaden zufüge. Der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins befürchtet, dass sich andere Staaten an dieser Obstruktionspolitik ein Vorbild nehmen könnten. „Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden“, gab Karins zu bedenken.

Schwere Kritik am Verhalten Deutschland

Die Stimmen aus dem Europaparlament werden noch deutlicher. Da sei „viel Wind um nichts“ gemacht worden, kritisiert der SPD-Abgeordnete René Rapasi. Wissing habe nichts bekommen, „außer, dass die Kommission etwas machen möchte, wofür sie sich im Gesetz zum Verbrenner-Aus bereits verpflichtet hat.“ Den Weg, das Problem über einen sogenannten „delegierten Rechtsakt“ zu lösen, hält er rechtlich für äußerst fragwürdig. Damit dürften nämlich keine politischen Entscheidungen getroffen werden. Repasi: „Eine politische Streitfrage per delegiertem Rechtsakt zu lösen ist damit ein Widerspruch in sich.“

Wissing hat mit seinem Vorgehen sogar Politiker vor den Kopf gestoßen, die in Sachen Verbrenner-Verbot auf seiner Seite stehen. „Bundesverkehrsminister Wissing hat in der Sache praktisch nichts erreicht, aber das Vertrauen in Deutschland als zuverlässiger Partner in der Europäischen Union ist nachhaltig geschädigt“, erklärte Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Deutlicher wird sein CDU-Parteikollege Jens Gieseke: „Mit seriöser Politik hat das alles wenig zu tun.“ Liese erklärte, er habe den Eindruck, dass selbst die EU-Kommission davon ausgeht, dass „das Ganze nicht rechtssicher ist“. Diese Klärung könne allerdings Jahre dauern.

Gute Chancen auf die Sonderregelung

Allerdings könnten EU-Länder und Parlament den immer wieder ins Gespräch gebrachten delegierten Rechtsakt auch schlicht ablehnen. „Die Hürden dafür sind aber hoch“, räumt SPD-Politiker Repasi ein. Im Parlament müsste sich eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen aussprechen, im Ministerrat sogar eine qualifizierte Mehrheit von 15 der 27 Länder, die mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung vertreten. Wissing hätte also Chancen, bis Herbst mit der Sonderregel durchzukommen.