Steht im Mai 2017 auf dem Programm: Molières „Der Geizige“ Foto: Schauspielbühnen in Stuttgart

Zeitkritische Stoffe, Verwechslungskomödien und Stargäste wie Peter Striebeck, Helmut Zierl, Anita Kupsch, Isabell Varell, Hugo Egon Balder: Die Stuttgarter Schauspielbühnen haben den Jahresspielplan des Alten Schauspielhauses und der Komödie im Marquardt vorgestellt.

Stuttgart - Manfred Langner beginnt den Ausblick auf die Spielzeit 2016/17 mit einer Rückschau. Bei der Pressekonferenz erinnert der Intendant der Schauspielbühnen in Stuttgart daran, dass die noch laufende Saison „von Einsparungen geprägt gewesen sei“. Nun hat der Gemeinderat die Zuschüsse erhöht. Nicht nur deswegen kann Langner nicht klagen: Das Programm des Alten Schauspielhauses und der Komödie im Marquardt lockt mehr Zuschauer in die Vorstellungen als jede andere Bühne in Stuttgart. Ferdinand von Schirachs „Terror“ im Alten Schauspielhaus ist der Renner. Daher wird das Stück nach der Sommerpause als Wiederaufnahme zu sehen sein. Stolz ist das Ensemble auf die Faust-Nominierung des am Hause tätigen Regisseurs Ryan McBryde. Mit George Orwells „1984“ zählte er 2015 zu den Anwärtern des Theaterpreises.

Schon Mitte Mai stellen die Schauspielbühnen die Weichen Richtung Zukunft. In der Bolzstraße eröffnet das ebenerdige Service-Center. „Endlich wird es eine einheitliche Rufnummer geben: 22 77 00“, kündet der Intendant an, bevor er den Spielplan 2016/17 vorstellt. Wie schon die Jahre zuvor verzichtet Langner auf ein Motto. „Doch natürlich haben wir den Anspruch, Aktuelles aufzugreifen“, sagt er und nennt als Bezugspunkte „die Abschottung Europas“ und die „Angriffe auf unser demokratisches Grundverständnis“.

Deutlich sichtbar werden diese Aspekte der Gegenwart in einem Jugendprojekt. Überschrieben mit „Die Würde des Menschen“ werden einheimische und geflüchtete Jugendliche Szenen zum Grundgesetz erarbeiten und nachmittags vor Schulklassen zeigen. „Nur indem man die Grundwerte der eigenen Kultur auch denjenigen vermittelt, die anders sozialisiert sind, kann Integration gelingen“, erklärt Langner. Und spannt den Bogen zur ersten Premiere am Alten Schauspielhaus. Längst angekündigt, eröffnet dort am 23. September „Blutgeld – Adenauers Weg“ als Uraufführung die Saison, eine Kooperation mit dem Cameri Theater aus Tel Aviv. Joshua Sobols Auftragsarbeit thematisiert die diplomatische Annäherung zwischen der Bundesrepublik und Israel. „Ein Vorstoß, der in der Bevölkerung beider Länder nicht ankam“, sagt Langner. Als Orientierung für Konfliktparteien der Gegenwart beurteilt er den Stoff als wegweisend und sieht ihn als „Plädoyer für die parlamentarische Demokratie“.

Helmut Zierl ist der Star in „Tod eines Handlungsreisenden“

Im November folgt mit Florian Zellers „Vater“ eine Auseinandersetzung mit der Altersdemenz aus Sicht eines Betroffenen. Als Gast verkörpert Burgtheater-Mime und Thalia-Theater-Intendant Peter Striebeck die zentrale Figur. Die Revue „Ein Tanz auf dem Vulkan“ soll im Dezember für klangvolle Unterhaltung sorgen, aber auch Politisches aufscheinen lassen. Denn zum dort thematisierten Lebensgefühl der 1920er Jahre in Stuttgart gehöre die höchst aktuelle Angst vor dem Absturz.

In Februar inszeniert Harald Demmer Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“. Für die Hauptrolle konnte Helmut Zierl gewonnen werden. Ganz klassisch wird es im März, dann knüpft sich Ryan McBryde Goethes „Faust“ (Teil 1) vor. Im Mai kommt Molières „Der Geizige“ auf die Bühne. Diese komödiantische Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche wird in anderer Weise mit „Vincent will Meer“ von Florian David Fitz weitergeführt. Noch keinen Termin gibt es für das Gastspiel der American Drama Group Europe im Frühjahr 2017, die im Alten Schauspielhaus „Half Broke Horses“ nach dem Roman von Jeannette Walls zeigt.

Die Jungen können sich auf das Sams von Paul Maar freuen

In der Komödie im Marquardt beginnt die Saison mit der Bühnenfassung von „Harold und Maude“ nach dem Drehbuch von Colin Higgins. Die auf die Achtzig zugehende Anita Kupsch verkörpert die spleenige Alte. Der bei der Premiere am 16. September noch keine achtzehn Jahre alte Johannes Hallervorden schlüpft in die Rolle des todessüchtigen Teenagers.

Im November inszeniert Stephan Bruckmeier „D’r schwäbische Neurosen-Kavalier“ von Gunther Beth und Alan Cooper. Wenige Tage später liefern das Sams und sein Erfinder Paul Maar in der Reihe U18 dem jungen Publikum „Eine Woche voller Samstage“. Im Januar darf bei Jean Stuarts Verwechslungskomödie „Im Himmel ist kein Zimmer frei“ über Tod und Auferstehung gelacht werden. Ob es „Diese Nacht – oder nie!“ passiert, erfahren die Besucher in Laurent Ruquiers mit Gesang untermalter Beziehungskomödie nächsten März in Deutscher Erstaufführung. Liebeswirren stehen auch bei „Sei lieb zu meiner Frau“ auf dem Programm. Autor René Heinersdorff inszeniert sein Stück in Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Theater an der Kö selbst.