Noch sind im Kreis Böblingen keine Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen. Trotzdem beschäftigt sich der Regionalverband bereits mit ersten Projekten. Warum?
Die Stadtwerke Stuttgart wollen bei Jettingen einen Windpark mit fünf Windrädern bauen. Den Genehmigungsantrag dafür haben sie bereits im Juni eingereicht. Nun hat sich jüngst der Planungsausschuss der Region Stuttgart mit dem Projekt befasst – allerdings ohne konkretes Ergebnis.
Denn nach wie vor sind im Kreis Böblingen keine Vorranggebiete für Windkraft im Regionalplan ausgewiesen. So ergibt sich die Situation, dass auf der einen Seite schon Projekte in den Startlöchern stehen, auf der anderen Seite aber noch die Flächen für mögliche Windparks fehlen.
Entscheidung am Jahresende
Ursprünglich war geplant, die Vorranggebiete – also Flächen auf denen Windräder künftig grundsätzlich gebaut werden dürfen – bis Ende September auszuweisen. So heißt es zumindest in den Unterlagen des Regionalverbands. „Die fortgeschriebenen Regionalpläne sollen bis 30.09.2025 beschlossen sein.“
Diese Frist ließ sich offensichtlich nicht halten. Stattdessen will die Regionalversammlung nun am 3. Dezember über die Ausweisung der Vorranggebiete entscheiden, teilt Alexandra Aufmuth, Sprecherin des Verbands Region Stuttgart mit. „Aufgrund der intensiven Beteiligung, der damit einhergehenden Transparenz und der Vielzahl von Stellungnahmen hat sich das Verfahren verzögert“, erklärt sie.
Tatsächlich waren die Rückmeldungen zu den möglichen Vorranggebieten für Windkraft groß. So gingen bei einer ersten Offenlegung der Pläne Anfang 2024 rund 6500 Stellungnahmen beim Regionalverband ein. Der Verband überarbeitete daraufhin die Windkraft-Vorranggebiete und die Regionalversammlung beschloss Anfang April dieses Jahres einen geänderten Entwurf. Dieser wurde bis Anfang August ein zweites Mal öffentlich ausgelegt. Diese Mal war die Resonanz geringer, aber immer noch hoch. Laut Sprecherin Aufmuth gingen rund 3000 Stellungnahmen ein.
Warum so viel parallel läuft
Aber wenn noch nichts entschieden ist, warum hat sich der Planungsausschuss bereits jetzt mit dem Windparkprojekt in Jettingen befasst? Es ging der Sprecherin zufolge schlicht darum, eine Frist einzuhalten. Nachdem die Stadtwerke Stuttgart den Genehmigungsantrag Ende Juni eingereicht hatten, musste sich die Region innerhalb eines bestimmten Zeitraums mit dem Vorhaben befassen. Gleiches gilt für den Windpark nahe der Sindelfinger Dachsklinge, den die Stadtwerke Sindelfingen planen. Er war Ende Juli Thema im Planungsausschuss.
Das führt zur Frage, warum die beiden Stadtwerke mit dem Genehmigungsantrag nicht gewartet haben, bis die Vorranggebiete endgültig ausgewiesen sind. „Ende Juni ist eine Frist abgelaufen, die ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für Betreiber ermöglicht“, erklärt ein Sprecher der Stadtwerke Stuttgart. Gemeint ist eine Notfallverordnung der EU, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigten sollte und die Ende Juni ausgelaufen ist.
Dezember dürfte mehr Klarheit bringen
Die Notallfallverordnung sieht unter anderem vor, dass Windparkprojektierer keine Umweltverträglichkeitsprüfung machen müssen. Dieser Aspekt wird vor allem von Windkraftgegner immer wieder kritisiert. Dabei gilt aber zu berücksichtigen, dass das beschleunigte Verfahren nur auf Flächen innerhalb ausgewiesener Vorranggebiete gilt, wie Aufmuth erklärt. Und auf diesen Flächen muss bereits der Verband eine Umweltprüfung durchführen, die sich allerdings nicht konkret aufs Projekt, sondern das ganze Gebiet bezieht.
Wie geht es nun weiter? Vieles steht und fällt mit der Entscheidung der Regionalversammlung Anfang Dezember. Dann wird klar sein, wo überall Windparks im Kreis Böblingen möglich sind.