Der Wasserstand des Bodensees ist so niedrig wie seit 2006 nicht mehr – hier eine Aufnahme aus Friedrichshafen mit der Schlosskirche im Hintergrund. Foto: dpa

Die Hitze war vor 15 Jahren größer – doch noch nie gab es von April bis Juli so lange Schönwetterphasen. Das macht allerdings Gewässern und den darin lebenden Tieren kräftig zu schaffen: Das Fischsterben hat schon begonnen.

Stuttgart - Die heißen Tage neigen sich dem Ende, Zeit für eine vorläufige Bilanz. Im Sommer 2018 war es nicht so heiß wie 2003. Rekordverdächtig ist der Sommer dennoch – ein Überblick.

Auch wenn es sich in den zurückliegenden Tagen anders angefühlt hat: was die Hitze anbetrifft, kann „dieser Sommer nicht Schritt halten mit 2003“, sagt Uwe Schickedanz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Stuttgart. „Wir hatten bis Mitte Juli einen sehr warmen, aber keinen extrem heißen Sommer. Erst die letzten zwei Wochen waren heiß.“ Der Juli war somit „nur“ der viertwärmste Juli bisher.

Die Zahl der heißen Tage mit mehr als 30 Grad ist tatsächlich geringer als vor 15 Jahren. In Mannheim etwa gab es 2018 bis Ende Juli 21 Hitzetage; 2003 waren es bis Ende August 42. Da nun eine einwöchige Abkühlung bevorsteht, sei der Rekord von 2003 nicht mehr einzuholen, betont Uwe Schickedanz. Bei den Sommertagen ab 25 Grad sind 2003 und 2018 allerdings etwa gleichauf. Und ein Rekord ergibt sich doch, nämlich wenn man die Monate April bis Juli zusammen betrachtet: „Eine solch hohe Durchschnittstemperatur wurde für diesen Zeitraum in Deutschland seit 1881 noch nie registriert“, heißt es in einem vorläufigen Rückblick des DWD.

Der Niederschlag war im Juli sehr unterschiedlich im Land verteilt. In Stuttgart etwa erreichten die Werte immerhin 83 Prozent des Durchschnitts. Von einer „flächigen Extremdürre“ könne man anders als 2003 nicht sprechen, sagt Schickedanz. Damals habe es im August in Stuttgart nur 44 Prozent des langjährigen Mittels geregnet. Allerdings: Deutschlandweit hat es, April bis Juli wieder gebündelt, noch nie so wenig geregnet wie in diesem Jahr.

Wasser: Seen japsen nach Luft

Wasser: Seen japsen nach Luft

Nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) liegen an 64 Prozent der Pegelmessstellen die Wasserstände unterhalb des niedrigsten Wasserstandes in einem durchschnittlichen Jahr. Vom Niedrigwasser betroffen sei das ganze Land, außergewöhnlich sei die Situation aber noch nicht.

Punktuell aber schon. Die Dreisam etwa ist bei Freiburg auf einer Strecke von gut drei Kilometern komplett ausgetrocknet. Bei anderen Flüssen wie der Wutach oder der Murg liegt der Pegel laut LUBW unter zehn Zentimetern. Für die Tiere, die in den Flüssen und Seen leben, wird die Situation dramatisch. In Ellwangen (Ostalbkreis) ist im Rötlener Stausee wohl fast der komplette Fischbestand verendet, weil dem Wasser der Sauerstoff fehlt. 20 Tonnen tote Tiere wurden geborgen.

Auch am Hochrhein hat ein Fischsterben eingesetzt. Eine Tonne toter Tiere sind am Wochenende zwischen Schaffhausen und Stein am Rhein geborgen worden. Betroffen sind vor allem Äschen: Sie bevorzugen höchstens 23 Grad warmes Wasser. In dem Abschnitt ist der Rhein, wie Teile der Donau und des Neckars, zurzeit aber mehr als 26 Grad warm: Ab 28 Grad wird es auch für andere Fische kritisch. 2003 waren 50 000 Äschen im Rhein verendet.

Der Bodensee nähert sich wieder der Niedrigwassermarke von 2003, als der Pegel unter die Dreimetermarke rutschte. Der Pegel in Konstanz liegt mit 3,26 Metern etwa 60 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel. Auch 2005 und 2006 hatte der See aber an der Stelle noch weniger Wasser als heute. Wer mit dem Schiff auf die Insel Mainau will, muss zurzeit Geduld mitbringen. Die großen Schiffe können wegen des Niedrigwassers nicht mehr entlang der zwei Stege anlanden, sondern nur noch am Kopf des Steges.

Gesundheit: Ältere trinken zu wenig

„Die Menschen haben sich auf die Hitze eingestellt“, sagt Ralph Schuster, der Leiter des Rettungsdienstes beim DRK-Kreisverband Stuttgart. Beim DRK sind die Einsatzzahlen wegen hitzebedingter Krankheiten nicht gestiegen. Bei den drei Notaufnahmen der Stuttgarter Krankenhäuser melden sich laut einer Sprecherin täglich zwischen einem und drei Patienten wegen Hitzekollaps oder Austrocknung: Das sei aber nicht mehr als in den Vorjahren auch. In Bad Mergentheim hingegen werden nach Angaben von Jürgen Weigand, dem Chefarzt an der Notaufnahme im Caritas-Krankenhaus, deutlich mehr Patienten nach einem Kollaps behandelt. Darunter seien Ältere, die zu wenig trinken, aber auch Jüngere, die sich zu viel zumuteten. Bad Mergentheim nimmt bei den Höchsttemperaturen bundesweit einen Spitzenplatz ein.

Verkehr: Tempolimit auf der A 81

Auf 34 Kilometern Länge der A 81 nördlich von Heilbronn gilt nach wie vor Tempo 80: Dort könnte die Hitze die älteren Betonplatten aufwölben und ein sogenannter „Blow-up“ entstehen; dadurch kam es in der Vergangenheit zu Unfällen. Auf der A 7 wurde das Tempolimit vorige Woche aufgehoben. Auf der A 6 beim Walldorfer Kreuz hat man laut dem Regierungspräsidium Karlsruhe im Frühjahr Asphaltdehnstreifen eingefügt; es droht keine Gefahr mehr.

Wein: Guter Jahrgang in Sicht

„So eine frühe Lese erlebe ich nicht noch mal“, das hat Jürgen Off schon 2017 gesagt. Da hat sich der Kellermeister der Weinmanufaktur Untertürkheim aber getäuscht: Anfang September beginnen die Untertürkheimer mit der Lese, zwei bis drei Wochen früher als sonst – wie im Rest des Landes auch. Hitze und Trockenheit hat den Reben nicht geschadet, jedenfalls den älteren nicht: Sie wurzeln tief genug, um noch Wasser aufnehmen zu können. In Baden und in Württemberg rechnet man mit einem guten Jahrgang sowohl was die Qualität als auch die Quantität angeht. Aber „abgerechnet wird zum Schluss“, sagt Off. Starkregen oder Hagel könnte dem Jahrgang immer noch erheblich schaden.