Nach dem Vorfall ermittelt die Kriminalpolizei (Symbolbild). Foto: dpa/Silas Stein

Ein Bürgermeister soll in Thüringen auf einem Marktfest einen Reporter angegriffen haben. Videos dazu kursieren im Netz. Nun gibt es Rücktrittsforderungen.

Der tätliche Streit zwischen einem Bürgermeister und einem Reporter in Thüringen sorgt für Wirbel. Der Bürgermeister von Bad Lobenstein, Thomas Weigelt (parteilos), bestritt am Montag, den Journalisten angegriffen zu haben. Er habe den Redakteur der „Ostthüringer Zeitung“ (OTZ) nicht berührt, heißt es in einer Stellungnahme. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (beide SPD), sowie Verleger- und Journalistenverbände verurteilten die mutmaßliche Attacke auf den Journalisten.

Recherchen über Empfang des Bürgermeisters

Nach Darstellung der Zeitung war Bürgermeister Weigelt während eines Marktfestes unvermittelt auf den Berichterstatter „losgestürzt“. Der Reporter sei dabei verletzt und seine Ausrüstung beschädigt worden. In der Erklärung des Bürgermeisters indes wird dem Reporter der Zeitung vorgeworfen, am Samstag beim Marktfest in Bad Lobenstein ihn selbst und seine Frau „provoziert“ und sich unprofessionell verhalten zu haben. Hintergrund sind einem OTZ-Bericht zufolge Recherchen des Reporters über einen Empfang des Bürgermeisters und die Einladung eines Angehörigen der „Reichsbürger“-Szene.

„So etwas geht einfach gar nicht!“

Nach einer Anzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung gegen Weigelt ermittelt die Kriminalpolizei, da eine Amtsperson betroffen ist. Zudem gibt es Rücktrittsforderungen gegen den Kommunalpolitiker. Zum Vorfall kursieren auf Twitter Videos.

Die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, Julia Becker, verurteilte die Attacke und sprach von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Die Geraer Zeitung gehört zur Funke Mediengruppe. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) twitterte: „So etwas geht einfach gar nicht!“

Bundesinnenministerin Faeser kritisierte den mutmaßlichen Angriff auf den Reporter scharf. „Angst, Einschüchterung und Gewalt dürfen nie Mittel der Auseinandersetzung sein“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Ohne freie und kritische Medien gebe es keine Demokratie. Das gelte auf allen Ebenen, „gerade auch vor Ort in der lokalen Berichterstattung, wo man sich unmittelbar Tag für Tag begegnet“.

Rücktrittsforderungen gegen Bürgermeister

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) verurteilte den Angriff als „erschreckend und zutiefst besorgniserregend“. „Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und unsere demokratischen Werte“, sagte Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert. Der Medienverband der freien Presse (MVFP) forderte die Politik in Thüringen auf, „diesen sichtbaren Verfall der politischen Kultur“ nicht hinzunehmen.

Auch der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD) verurteilte den Vorfall scharf. Der DJV Thüringen fordert den Bürgermeister auf, sein Amt niederzulegen. Wer Journalisten angreife, greife die Demokratie an, sagte die Vorstandsvorsitzende Heidje Beutel.

Stadtverwaltung wehrt sich gegen Vorwürfe

In der von der Stadtverwaltung verbreiteten Stellungnahme heißt es, der Journalist sei auf dem Marktfest „mit gezückter Kamera auf Weigelt und seine Gäste“ zugestürmt. Der Bürgermeister habe ihm abwehrend die Hände entgegengehalten. Daraufhin habe der Reporter einen Schritt zurück gemacht, sei gegen einen älteren Mann gestoßen, und beide seien zu Boden gegangen.