Nicht nur im Freibad beliebt: Pommes Schranke. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

In Großbritannien hat die Regierung ein Werbeverbot für stark kalorienhaltige Lebensmittel beschlossen. Welche Befürworter diese Idee auch hierzulande findet.

Berlin - Das Werbeverbot für stark kalorienhaltige Lebensmittel, das die britische Regierung unter Premier Boris Johnson beschlossen hat, löst nun auch in Deutschland eine innenpolitische Debatte aus. Um das wachsende Problem von Übergewicht und die auch volkswirtschaftlich buchstäblich ins Gewicht fallenden Folgekosten zu bekämpfen, sind in Großbritannien künftig vor 21 Uhr weder im Fernsehen noch im Internet Werbeclips für Junkfood erlaubt. Beschlossen ist übrigens auch die Abschaffung der sogenannten Quengelware, also die Süßigkeiten und Knabbereien in der Nähe der Supermarktkassen.

Die Grünen finden das richtig. Auch in Deutschland solle Werbung für stark zuckerhaltige und ungesunde Lebensmittel reguliert werden, sagte die grüne Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. Kinder und Jugendliche müssten besser vor solchen Produkten geschützt werden.

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Für Tabak gibt es schon ein Werbeverbot

Die Debatte um die Werbeverbot für Fastfood kommt unmittelbar nachdem der Bundestag im vergangenen Monat eine erhebliche Ausdehnung des Tabak-Werbeverbots beschlossen hatte. So gilt ab 2021 zusätzlich ein Verbot von Tabakwerbung im Kino bei jugendfreien Filmen. Ab 2020 ist auch die Außenwerbung für herkömmliche Tabakprodukte etwa auf Plakatwerbung und an Haltestellen untersagt, ab 2024 auch für E-Zigaretten.

Dass die Grünen Werbeverbote für Junkfood keine schlechte Idee finden, ist nicht besonders überraschend. Nicht unbedingt vorherzusehen war, dass es auch in der Union gewisse Sympathie für den Vorschlag gibt. Erwin Rüddel ist der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag. Er sieht die Politik in einem Dilemma. „Wir können nicht wegdiskutieren, dass es hier ein wachsendes Problem gibt“, sagte Rüddel unserer Zeitung.

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CDU-Politiker: Betroffene nicht ihrem Schicksal überlassen

Übergewicht nehme zu und Bewegung ab. Natürlich solle man „zuerst an das Bildungssystem und an die Verantwortung der Eltern appellieren, in deren Eigenverantwortung das Thema primär liegt“. Dieses Setzen auf Eigenverantwortung entspräche auch seinem Weltbild als konservativer Politiker. „Aber ich kann die Betroffenen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, weil mir andere Maßnahmen ideologisch gegen den Strich gehen“, sagt Rüddel.

Er weist auf die Informationskampagnen der Kassen und des Gesundheitsministeriums hin, auch auf die Einführung der Lebensmittel-Ampel und die neue Diabetes-Strategie der Bundesregierung. Aber so richtig mögen auch Experten nicht so recht daran glauben, dass dies alles zu einer wirklichen Milderung des Problems beiträgt. Was dann?

Großbritannien als Vorbild?

Rüddel will sich dann nicht damit begnügen, den Missstand einfach hinzunehmen. „Sollten auch diese Maßnahmen keinen Einfluss auf die Gewichtszunahme der Bevölkerung haben, wäre ich durchaus bereit, auch über weitergehende Maßnahmen wie beispielsweise das Werbeverbot in Großbritannien zu diskutieren“, sagte Rüddel unserer Zeitung. Er werde jedenfalls sehr genau die Entwicklung in Großbritannien verfolgen.

Es wenig erstaunlich, dass diese Debatte in der Union kontrovers geführt wird. Der Wirtschaftsflügel will unter allen Umständen eine erneute Welle an Werbeverboten verhindern. Der Wirtschaftsrat der CDU spricht sich gegen ein Werbeverbot für Fastfood aus. „Es ist nicht Aufgabe des Staates, durch strukturelle Benachteiligung einiger Markteilnehmer die Bürger zu gesünderer Ernährung zu drängen“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger unserer Zeitung. „Wir erwarten von der Politik, dass jetzt nicht nach und nach eine Agenda der Verbote durchgebracht wird. Das widerspricht nicht nur dem marktwirtschaftlichen Prinzip, sondern auch dem Bild des freien und mündigen Bürgers, der befähigt ist selbstständig informierte Entscheidungen zu treffen.“

Argumente gegen ein Verbot

Steiger nennt es kurzsichtig, mit dem Schutz von Kindern zu argumentieren. „Schlichte Werbeverbote können nichts für ein nachhaltiges Verständnis von gesunder Ernährung tun, diese Informationsarbeit muss viel mehr in Kitas, Schulen und zuhause erfolgen“, sagte der Generalsekretär. Mit weniger gesunden Lebensmittel in Kontakt zu kommen sei unvermeidbar, aber der maßvolle Konsum sei „unproblematisch“. Daher solle es allen Hersteller auch erlaubt sein, für ihre Produkte zu werben.