Vanessa Sabo unterrichtet als Studentin eine Vorbereitungsklasse. Foto: Gottfried Stoppel

Zur Integration von Flüchtlingen sind Vorbereitungsklassen sehr wichtig, doch diese sind eine gewaltige Zusatzaufgabe. In Schorndorf helfen deswegen Studentinnen beim Deutschlernen – von dem Projekt profitieren alle Seiten.

Schorndorf - Es ist wohl das, was man eine klassische Win-Win-Situation nennt: Jeden Mittwoch kommt Vanessa Sabo für vier Stunden an die Johann-Phillip-Palm-Schule in Schorndorf. Die angehende Lehrerin studiert Französisch und Musik an der Uni Stuttgart, belegt aber zudem noch das Zusatzmodul „Deutsch als Zweit- und Fremdsprache“. Und genau diese Kenntnisse braucht die 28-Jährige, wenn sie in der Schorndorfer Berufsschule vor den Schülern der Vabo-Klasse steht.

Vabo, das steht für Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen. Im Klassenzimmer sitzen vor allem Flüchtlinge aus dem Iran, Irak und Syrien, aus Afrika und Europa. So bunt ihre Herkunft ist, so gemischt sind auch die vorhandenen Deutschkenntnisse – die einen können kaum ein Wort, die anderen sprechen schon recht flüssig. Ziel ist aber, dass alle am Ende des Schuljahres eine Deutschprüfung ablegen, und zwar auf dem fortgeschrittenen Anfängerniveau A2.

300 Überstunden im letzten Jahr für die Lehrerin

Doch die jungen Menschen haben nicht nur mit der neuen Sprache zu kämpfen. Die einen sind überhaupt zum ersten Mal in einer Schule, die anderen sind ganz alleine in Deutschland, den dritten droht die Abschiebung. „Wir haben es mit ganz besonderen Herausforderungen zu tun, müssen uns dazu aber auch um viel Bürokratie kümmern, weil es zum Beispiel viele Umzüge gibt“, erläutert die Lehrerin Silke Bullinger. Sie ist sehr dankbar, dass sie seit Oktober einmal in der Woche Unterstützung von Vanessa Sabo bekommt: „Sie entlastet mich enorm. Ich habe im letzten Schuljahr mehr als 300 Überstunden angehäuft“ erzählt sie.

Dass Vanessa Sabo an die Schule kommen kann, ist einer Kooperation mit der Palm-Stiftung zu verdanken. Diese übernimmt nicht nur die Kosten des Projekts – bisher sind das rund 2400 Euro – sondern hat auch den Kontakt zum Sprachenzentrum der Uni Stuttgart hergestellt. „Es wäre wünschenswert, wenn wir solche Praktika fest verankern könnten“, sagt Martina Widon vom Sprachenzentrum. Zwar gibt es noch eine ähnliche Kooperation mit der Stuttgarter Lerchenrainschule, ansonsten müssen die Studenten ihre praktischen Erfahrungen aber im Unterricht anderer Studenten sammeln.

Das Projekt wird voraussichtlich fortgesetzt

Diese Situationen sind allerdings mit der Realität an öffentlichen Schulen kaum zu vergleichen. „Hier sind die Schüler viel jünger. Sie sind nicht immer motiviert. Und sie sind nicht im deutschen Schulsystem aufgewachsen, kennen manchmal Regeln wie sich zu melden oder pünktlich zu sein nicht“, beschreibt Vanessa Sabo die Herausforderungen. Sie selbst hat ihr Praktikum, das im April endet, als große Bereicherung empfunden. Ihre Schüler auch: „Sie hat gut erklärt und langsam gesprochen“, sagt zum Beispiel Muhamad. Und nett sei sie auch, da ist sich die Klasse einig.

Vanessa Sabo soll von einem neuen Praktikanten abgelöst werden. „Und weil sich alle Beteiligten einig sind, dass das ein sehr gelungenes Projekt ist, hat der Vorstand der Palm-Stiftung beschlossen, die Förderung im kommenden Schuljahr fortzusetzen“, sagt Marieluise Beckhoff von der Palm-Stiftung.