Das Häcker-Areal (im Vordergrund unterhalb der Enz) und die frühere Gärtnerei (Bildrand rechts) werden Gartenschau-Areal. Foto: Stadt Vaihingen

Areale kaufen, Bäume pflanzen, Ideen wälzen: Die Stadt Vaihingen an der Enz richtet 2029 eine kleine Gartenschau aus – und geht das Projekt mit Siebenmeilenstiefeln an.

Das muss ja ein heißer Vortrag gewesen sein“, stellt der später hinzugekommene Oberbürgermeister Uwe Skrzypek mit Blick auf den Landschaftsarchitekten Johann Senner fest. Der steht Ende Oktober in kurzen Lederhosen am Pult der gut besetzten Vaihinger Stadthalle und macht in der Tat alles andere als einen fröstelnden Eindruck. Er hat gerade die Rahmenplanung für die Gartenschau in der Enz-Stadt vorgestellt. Und auch wenn es bis dahin noch lange sechs Jahre sind, kann einen das, was bis dahin noch alles ansteht, schon ins Schwitzen bringen. „Wir müssen mit Vollgas weitermachen“, sagt Senner. „Es ist noch nie eine Gartenschau zu früh fertig geworden.“

Kein Stress, sondern Zuversicht

Johann Senner will aber keinen Stress machen, sondern Zuversicht verströmen. Vaihingen habe alle Voraussetzungen, Ausrichterin einer wunderbaren Gartenschau zu werden: „Die kompakte Altstadt, die direkt an die Köpfwiesen grenzt, die direkt an die Enz grenzen, die direkt an das Häcker-Areal grenzt: Was Tolleres gibt es nicht“, schwärmt Senner, dessen Büro schon einige Gartenschauen mit auf den Weg gebracht hat, über das geplante Ausstellungsgelände. Es müsse auch noch niemand in Hektik ausbrechen. „Aber vieles hat einen langen Vorlauf.“ Das gehe von Wasserrechtsgesuchen bis hin zu der Entscheidung, wo welche Bäume gepflanzt werden sollten. „Das muss man rechtzeitig machen, damit sie dann was gleichsehen, wenn die Gartenschau ist.“

Auf einen zentral wichtigen Stein des Projekts kann die Stadt schon bauen: Das Häcker-Areal, ein großes nach der gleichnamigen Klebstofffabrik benanntes Gelände westlich der Enz, wird demnächst in ihrem Besitz sein. Im Juli stimmte der Gemeinderat zu, es für fünf Millionen Euro zu kaufen, demnächst soll das beim Notar in trockene Tücher gebracht werden. Spätestens bis Ende 2024 wird die Firma das Areal räumen. Dort soll ein Zukunftsquartier wachsen – gedacht ist an einen Businesspark, eine Kita, ein Kulturzentrum, Innovatives Wohnen und Seniorenwohnen. Zumindest in Teilen will man die Industriearchitektur erhalten, manche Hallen stehen aber schon länger leer und sind heruntergekommen. Eine bisher nicht öffentlich zugängliche, aber ziemlich geniale Aussichtsplattform, die den Blick über die Enz und die Stadt zur Burg Kalten-stein führt, soll zu ihrem Recht kommen, ein Teil des Geländes entsiegelt und Naturschutzgebiet werden. Ein Klärbecken könnte künftig eine Freilichtbühne sein.

Die Schau ist für die Besucher, aber vor allem für die Bürger selbst

Neben dem Baustein Häcker-Areal werden für die Gartenschau-Planung die benachbarten Köpfwiesen mit ihren historischen Bürgergärten eine Rolle spielen, eine daran angrenzende große Kulturwiese, für die es viele Ideen gibt, und ein früherer Badplatz an der Enz. Richtung Süden sollen die Flussufer teils abgeflacht, überhaupt die Enz, wo möglich, zugänglich gemacht werden. Auf dem Weller-Areal, ehemals ein Gärtnerei-Gelände, stehen sogar noch die Gewächshäuser: Sie bieten sich geradezu kongenial als weiterer Baustein des Programms an. Dort könnten Blumenwelten angelegt, Workshops angeboten und ein Markt für regionale Erzeuger installiert werden.

Wasserspielplätze, Wohlfühlorte, neue, pulsierende Stadtgestaltungsideen im Gartenschau-Fahrwasser: Johann Senner wird nicht müde zu betonen, dass alles, was Besucher 2029 ein Gartenschau-Jahr lang genießen können, vor allem eine Investition für die Menschen ist, die in Vaihingen leben: Sie sollen vom Ertrag aller Renaturierungen, Aufwertungen, Um- und Neubauten auch noch profitieren, wenn die Gartenschau langsam zur verblassenden Erinnerung wird. Die Stadt sieht die Schau aber auch als gemeinschaftsstiftendes Projekt. Alle Stadtteile, acht an der Zahl, die ihrerseits teils wunderbare Landschaften ihr Eigen nennen – Weinterrassen wie in Roßwag oder Seen wie in Horrheim – sollen Teil der Gartenschau sein und sich präsentieren. Auch viele Vereine freuen sich auf das Ereignis, gerade wenn es, wie beim Obst- und Gartenbauverein, große inhaltliche Überschneidungen gibt. „Wir sehen die Gartenschau auf jeden Fall als Chance“, sagt der Vorsitzende Dietmar Staiber. Er hofft, dass angesichts der Klima- und Nachhaltigkeitsfragen, die auch bei der Schau im Vordergrund stehen, mehr jüngere Menschen Interesse am Verein finden. „Und dass die Obst- und Gartenbauvereine der einzelne Orte zusammen agieren.“

„Wir müssten uns blöd anstellen, wenn das nicht was Besonderes wird“

Der Rahmenplan soll bis Jahresende noch alle kommunalen Gremien durchlaufen. Er ist dann die Grundlage für die Auslobungsunterlagen und den landschaftsarchitektonischen Wettbewerb, der 2023 starten soll. „Wir haben Ausgangsvoraussetzungen, die anderswo erst künstlich geschaffen werden müssen“, schwört OB Uwe Skrzypek seine Bürgerschaft ein. „Bei uns ist alles schon da. Wir müssen es nur noch in Szene setzen und uns als Bürger dafür engagieren“, meint er und bekommt Applaus dafür. „Es wird ein Lebensgefühl entstehen, von dem wir etwas für die Stadtgesellschaft mitnehmen. Wir müssten uns schon blöd anstellen, wenn das nicht etwas besonders Schönes würde.“

Und wie sieht es mit der Gartenschau Marbach/Benningen aus?

Gemeinsam
Marbach und Benningen haben den Zuschlag bekommen, im Jahr 2033 gemeinsam eine kleine Landesgartenschau auszurichten. Bespielt werden sollen dabei unter anderem der Neckar, aber auch die Schillerhöhe in Marbach. Angedacht ist beispielsweise, einen naturnahen Erlebnis- und Wasserspielplatz zu errichten und einen Literaturpark anzulegen.

Reduzierung
„Momentan erstellen wir einen Rahmenplan“, sagte der Marbacher Bürgermeister Jan Trost nun bei einem Termin in Rielingshausen. Das Ziel sei, die bislang zur Diskussion stehenden Flächen deutlich zu reduzieren. „Wir hätten damit sogar eine Bundesgartenschau ausrichten können“, betonte Trost. Welche Areale am Ende tatsächlich für die Gartenschau bereitgestellt werden sollen, werde wohl bis Ende 2023 entschieden. Anschließend wird ein Wettbewerb ausgelobt. Das Büro mit den besten Ideen darf dann einen Entwurf entwickeln.