Sechs Vorstände und AfD-Landeschef Gögel erheben schwere Vorwürfe gegen Co-Landeschef Spaniel. Foto: dpa

Der AfD-Landesparteitag am Wochenende in Pforzheim steht im Zeichen des Flügelkampfs. Der Riss geht mitten durch den Vorstand. Diesmal ziehen der Vorsitzende Gögel und Mitstreiter gegen Co-Chef Spaniel sowie Schatzmeister Kral zu Felde.

Stuttgart - Der innerparteiliche Machtkampf, der die AfD-Landtagsfraktion seit Monaten lähmt, hat nun auch den erst Ende Februar in Heidenheim neu gewählten neunköpfigen Landesvorstand voll erfasst. Kurz vor dem Parteitag am Wochenende in Pforzheim ist die Auseinandersetzung eskaliert. Parteichef Bernd Gögel und sechs weitere Vorstände stehen gegen Co-Parteichef Dirk Spaniel und Schatzmeister Frank Kral. Die Gruppe um Gögel wirft den beiden in einem Schreiben an die AfD-Kreisvorstände unter anderem vor, durch andauernde Versuche, den Landesvorstand und die Landesgeschäftsstelle unter ihre Kontrolle zu bringen, „eine Spur der kollegialen und moralischen Verwüstung“ hinterlassen zu haben. Das Schreiben listet elf Komplexe detailliert auf. Spaniel nennt die Vorwürfe nicht nachvollziehbar und wirft der Gegenseite ein „maximal parteischädigendes Verhalten“ vor.

Der Streit ähnelt den Vorgängen in der Fraktion, in der sich die gemäßigten Kräfte um Fraktionschef Gögel und die radikaleren AfD-Vertreter um Emil Sänze unversöhnlich gegenüberstehen. Allerdings unterscheiden sich die Mehrheitsverhältnisse: In der 20-köpfigen Fraktion sind beide Lager etwa gleich stark; im Landesvorstand stehen sieben Gemäßigte gegen Spaniel und Kral, die folglich in Abstimmungen regelmäßig unterliegen. Ursprünglich gehörten beide nicht zum radikaleren Lager, das von Anhängern der völkisch-nationalen Gruppierung „Der Flügel“ dominiert wird, sie sicherten sich im Vorfeld des Parteitags von Heidenheim aber dessen Unterstützung.

Spaniel soll Günstlingswirtschaft betrieben haben

Im Zentrum der Auseinandersetzungen um die Landesgeschäftsstelle steht deren Geschäftsführerin Anastasija Koren. Sie ist mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Hess liiert, der in Heidenheim gegen Spaniel kandidierte und unterlag. Die Gruppe um Gögel wirft Spaniel vor, Koren aus dem Amt drängen und durch Kral ersetzen zu wollen. Koren sei Schikanen und falschen Verdächtigungen ausgesetzt, zudem hätten Spaniel und Kral im Vorstand arbeitsrechtliche Schritte gegen sie beantragt. Spaniel hält dagegen, Kral und er hätten einen „Sumpf in der Geschäftsstelle aufgedeckt“, wogegen sich die Verantwortlichen nun wehrten.

Spaniel und Kral wird zudem vorgehalten, ein früheres Vorstandsmitglied zu decken, das am Tag vor dem Treffen in Heidenheim eine gegen Hess gerichtete Schmähschrift via E-Mail an alle AfD-Mitglieder im Land verschickt haben soll. Die Gruppe um Gögel hat gegen den Ex-Vorstand Strafanzeige gestellt.

Spaniels parteiinterne Gegner werfen dem früheren Daimler-Manager ferner Günstlingswirtschaft vor. Nach Dokumenten, die unserer Zeitung vorliegen, genehmigte Spaniel 2018 in seiner Zeit als Vorsitzender der AfD-Landesgruppe im Bundestag Ausgaben in Höhe von 84 000 Euro für vier sogenannte Bürgerdialoge. Laut Kostenvoranschlag waren zuvor allerdings für sieben solcher Veranstaltungen Ausgaben von lediglich 35 000 Euro zu Lasten der Steuerzahler veranschlagt worden. Die Durchführung der AfD-Bürgerdialoge unter anderem in Heilbronn und Mannheim oblag einer Werbeagentur aus Reutlingen. Deren Geschäftsführer ist ein politischer Weggefährte und Unterstützer Spaniels, der für die AfD auch kommunalpolitisch aktiv ist.

Streit mit harten Bandagen zu erwarten

Spaniel wies den Vorhalt der Günstlingswirtschaft gegenüber unserer Zeitung entschieden zurück. „Allgemein handelt es sich hier um Gerüchte, die der Diskreditierung meiner Person dienen sollen“, sagte er. Der Stuttgarter erklärte weiter, dass der Kostenvoranschlag über 35 000 Euro sich nur auf das Veranstaltungsmanagement und Fixkosten sowie Pauschalen für Werbemittel bezogen habe. Kosten für die Security, Hallenmieten und variable Werbemittel seien nicht enthalten gewesen. Spaniel verwies zudem darauf, dass der in der Landesgruppe beschlossene Budgetrahmen für Veranstaltungen 2018 nicht ausgeschöpft worden sei.

Der Konflikt auf dem Parteitag dürfte von beiden Seiten mit harten Bandagen geführt werden. Mehrere Anträge auf Abwahl von Vorstandsmitgliedern liegen vor. Zudem ist beantragt, die Landesvorsitzenden Gögel und Spaniel über die Arbeit von Vorstand und Landesgeschäftsstelle berichten zu lassen. Dabei könnte Spaniel mehr oder weniger direkt Geschäftsführerin Koren attackieren, ist zu hören. Auf dem Programm steht ferner die Wahl eines dritten Beisitzers für den Landesvorstand – in Heidenheim hatte die Zeit dafür nicht mehr gereicht. Die Wahl zweier zusätzlicher Beisitzer ist beantragt, wohl in der Absicht, die Kräfteverhältnisse im Vorstand im Sinne der radikaleren AfD-Vertreter zu verschieben.