Irgendwie ein goldiger Typ: WM-Botschafter Fabian Hambüchen Foto: Baumann

In sechs Wochen beginnt die Turn-WM in Stuttgart – vor dem Großereignis in der Schleyerhalle präsentieren der Ministerpräsident und der deutsche Turnheld drei ganz besondere Stücke.

Stuttgart - Fabian Hambüchen (31) packt die Dinge gerne an, das war schon früher an der Reckstange so und hat sich auch heute in der Zeit nach der aktiven Karriere nicht geändert. Hambüchen, der Reck-Olympiasieger von 2016, ist nach wie vor das Gesicht des deutschen Turnens – und als Zugpferd der Sportart ist er in diesen Tagen mal wieder ein besonders gefragter Mann. Denn in sechs Wochen beginnt die WM in Stuttgart (4. bis 13. Oktober) – und Hambüchen, wer könnte es anderes sein, ist der offizielle Botschafter der Titelkämpfe in der Schleyerhalle.

So kam es nun, dass der Star am Mittwochmorgen schon in aller Früh im Dienste der WM Hand anlegte und mit seinen wie früher noch immer opulenten Muckis ordentlich zupackte. Die offiziellen WM-Medaillen wurden präsentiert – und dort, wo sie geprägt wurden, durfte nun auch Hambüchen eine Presse bedienen. In der Staatlichen Münze in Stuttgart, dort also, wo sonst das Bargeld entsteht, drückte der Botschafter den Knopf und fertigte in einem letzten Schritt die Goldmedaille, die der Reck-Weltmeister 2019 von Stuttgart im Oktober bekommen wird. Für Hambüchen, der 2007 in der Landeshauptstadt Gold am gleichen Gerät holte, schloss sich damit ein Kreis – sein Tag im Dienste der WM war aber noch nicht zu Ende.

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Es ging weiter nach Weinstadt, wo am späteren Vormittag ein prominenter Gast zur Turngruppe um Hambüchen und die Lokalmatadorin Elisabeth Seitz (MTV Stuttgart) stieß. Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam in die Manufaktur Kussmaul, die die WM-Medaillen konzipierte und gestaltete – und sprach den deutschen Turnern von seinem Stehtisch aus im Angesicht der ausgelegten Plaketten aus Bronze, Silber und Gold Mut zu: „Schön wäre es natürlich, wenn unsere Turnerinnen und Turner jetzt auch welche davon umgehängt bekommen.“

Das Land springt über den Schatten

Das würde auch Fabian Hambüchen freuen – der am Rande der Medaillenpräsentation noch ein bisschen über seine reichhaltige Erfahrung mit Siegerplaketten sprach: „Wenn du oben auf dem Podest stehst, dann merkst du erst mal, wie schwer die Medaille ist, und denkst: ‚Boah, das ist aber ein dicker Klunker‘“, sinnierte er und sorgte für einen kurzen Schweißausbruch bei den Gestaltern und Produzenten im Raum: „Für das Design hat man in dem Moment erst mal kein Auge.“

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Auch Winfried Kretschmann widmete sich eher den pragmatischen Dingen, als er betonte, dass man bei der finanziellen Unterstützung des Landes bei der WM über seinen Schatten gesprungen sei. Man sei, so Kretschmann, ganz der Staatsmann, immer daran interessiert, dass solche Großereignisse in Baden-Württemberg stattfinden.

Zwei Millionen Euro gibt es jedenfalls vom Land, drei Millionen noch dazu von der Stadt Stuttgart, insgesamt beträgt der WM-Etat 7,5 Millionen Euro – was nicht die einzigen Fakten rund um die Titelkämpfe in der Landeshauptstadt sind.

Der Andrang 60 000 von bisher 70 000 im freien Erwerb erhältlichen Tickets sind bereits verkauft. Insgesamt rechnen die Veranstalter vom Schwäbischen und Deutschen Turnerbund mit insgesamt 100 000 Zuschauern bei 14 Veranstaltungen an zehn Tagen in der Schleyerhalle. Die Athleten werden sich übrigens nebenan in der Porsche-Arena einturnen, trainiert wird ebenfalls im Neckarpark – im fußläufig erreichbaren Cannstatter Kunstturnforum.

Die Stars Neben den deutschen Zugpferden um Elisabeth Seitz oder Marcel Nguyen schwebt vor allem US-Superstar Simone Biles über allen anderen Teilnehmern. Biles, mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin, ist eine Jahrhundertturnerin und kreierte jüngst ein schier unfassbares Element: das sogenannte Triple-Double – ein Doppelsalto mit Dreifachschraube am Boden. Gut möglich, dass Biles ihre Sekunde für die Ewigkeit auch auf der Matte der Schleyerhalle präsentieren wird. Auch weitere bekannte Turngrößen wie der Russe Artur Dalaloyan (aktueller Mehrkampf-Weltmeister) oder der Niederländer Epke Zonderland (Reck-Weltmeister) sind Zugpferde der WM.

Der Countdown An diesem Samstag steigt in der Stuttgarter Scharrena die erste von zwei internen WM-Qualifikationen im deutschen Frauen-Team. Von insgesamt zwölf Turnerinnen dürfen am Ende fünf zur WM. Aus der Region sind Elisabeth Seitz, Kim Bui (beide MTV Stuttgart) und Emelie Petz (TSG Backnang) dabei. Der zweite und entscheidende Qualifikationswettkampf der Frauenriege findet am 7. September in Worms statt. Dort wollen dann auch die derzeit angeschlagenen Sophie Scheder (Chemnitz) und Sarah Voss (Köln) wieder ins Geschehen eingreifen – die beiden Top-Turnerinnen pausieren an diesem Samstag in Stuttgart.

Die Männer sind schon einen Schritt weiter – zwei von fünf deutschen WM-Teilnehmern stehen in dem Mehrkampfmeister Andreas Toba (Hannover) und Jungstar Karim Rida (Berlin) fest. Lokalmatador Marcel Nguyen erhielt das dritte Ticket zunächst unter Vorbehalt. Die Schulter macht Nguyen mal wieder zu schaffen – der Länderkampf am 14. September in Backnang soll so etwas wie der ultimative Belastungstest werden.

Das Rahmenprogramm Die WM soll nicht im Stuttgarter Neckarpark aufhören. So steigt am 11. und 12. Oktober im Theaterhaus eine Show mit Artisten aus aller Welt, vom 3. bis 7. Oktober gibt es auf dem Schlossplatz eine Wettkampf-Arena mit dem Profi-Parcourer und Stuntman Andy Haug. Obendrein werden rund um den Schlossplatz viele Möglichkeiten geboten, um zu turnen. Die Veranstalter haben sich auch ein besonderes Ziel gesteckt: 5000 Schüler sollen an einem WM-Tag auf dem Schlossplatz gleichzeitig einen Salto machen.