Er leidet noch mit seinem Ex-Club, doch darauf kann Christian Träsch am Samstag keine Rücksicht nehmen. Spielt er mit dem VfL Wolfsburg wenigstens unentschieden, wäre dies das Ende für den VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga.
Hallo Herr Träsch, wie geht’s Ihrem Auge? Nach dem letzten Spiel in Hamburg sahen Sie aus wie ein Boxer kurz vor dem Knock-Out.
Danke der Nachfrage. Mein Auge war am vergangenen Samstag komplett zugeschwollen und nur noch blau. Aber jetzt kann ich wieder sehen.
Also fit für Samstag?
Absolut!
Sie können Ihren Ex-Club endgültig in die zweite Liga schießen. Extra motiviert oder mit Wehmut?
Weder noch. Am Samstag schauen wir nur auf uns. Wir haben nichts zu verschenken.
Täte es Ihnen denn gar nicht leid um den VfB?
Doch, natürlich! Der VfB Stuttgart ist ein absoluter Erstligaverein. Die Stadt, das Stadion, die Fans – es ist schade, wie der Verein im Moment dasteht. Aber deswegen kann ich es am Samstag nicht mit halber Kraft angehen lassen.
Dann werden Sie nach dem Spiel vermutlich viele Ihrer Ex-Kollegen trösten müssen.
Schauen wir mal. Im Fußball ist schließlich schon Vieles passiert. Vielleicht schafft es der VfB ja doch noch irgendwie.
Ihre Kontakte nach Stuttgart sind noch relativ eng, mit Christian Gentner verbindet sie sogar eine Freundschaft.
Richtig. Ein Teil der Verwandtschaft meiner Frau stammt von dort, übrigens alle VfB-Fans. Und mit Georg Niedermeier, Martin Harnik und Zeugwart Michael Meusch habe ich noch immer Kontakt.
Welche Chance hat denn der VfB am Samstag noch? Oder anders gefragt: Welche Bedeutung misst der VfL Wolfsburg dem letzten Saisonspiel bei? Bei Ihnen geht es ja um nichts mehr.
Das Spiel hat eine sehr große Bedeutung für uns. Wir werden noch einmal richtig Gas geben und alles raushauen, um für einen einigermaßen versöhnlichen Abschluss zu sorgen, auch für unsere Fans. Für uns wäre es wichtig, die Saison mit zwei Siegen in Folge zu beenden.
Weil auch der VfL Wolfsburg eine recht miese Saison gespielt hat.
Unsere Champions-League-Saison war überragend. Aber mit dem Erreichten in der Bundesliga können wir nicht zufrieden sein.
Warum lief es in diesem Jahr so schlecht?
Wir sind eigentlich gut in die Saison gekommen. Bis zum Spiel in München war alles OK. Auch das Spiel selbst. Wir lagen 1:0 in Führung, und dann macht Robert Lewandowski in neun Minuten fünf Tore. Das hat uns sicherlich einen Knacks gegeben. Danach haben wir nie wieder Kontinuität reinbekommen.
Welche Rolle spielte der Erfolg in der Champions-League für den Absturz in der Liga ?
Wir haben die Bundesliga deswegen nicht vernachlässigt. Aber uns dann doch das eine oder andere Mal schwergetan, nach einem Spiel in der Champions League wieder auf den Alltagsbetrieb umzuschalten. Es muss in Zukunft aber unser Anspruch sein, beides unter einen Hut zu bringen.
Haben Sie eine Erklärung dafür, warum sich deutsche Mannschaften traditionell so schwer tun mit der Doppelbelastung?
Ehrlich gesagt nicht. Vielleicht sind die Spanier im Umgang damit gewohnter, ich weiß es nicht. Für uns ist es ein Lernprozess, aus dem wir unsere Lehren ziehen müssen.
Für Sie persönlich lief es in dieser Saison dagegen umso besser. Sie sind Stammspieler und scheinen in Wolfsburg endgültig angekommen zu sein.
Das bin ich doch schon lange (lacht). Schließlich spiele ich jetzt auch schon seit fünf Jahren hier. Aber es stimmt, zu Beginn hatte ich viel mit Verletzungen zu kämpfen. Doch jetzt läuft es. Ich habe richtig viel Spaß im Moment und komme jeden Tag mit großer Freude zum Training.
Kommende Saison spielen Sie mit einem Ex-Kollegen aus Stuttgart zusammen in der Mannschaft. Haben Sie mitgeholfen, Daniel Didavi den Wechsel zu den Wölfen schmackhaft zu machen?
Ich kenne Dida noch aus meiner Zeit beim VfB II, wo wir zusammengespielt haben. Dann hat sich der Kontakt aber verloren. Und um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Nein, das musste ich nicht.