Das undatierte Foto zeigt einen sieben Wochen alten Fötus in einer Fruchtblase. Foto: dpa

Der Bundestag debattiert, ob die Kassen Tests auf Trisomie 21 zahlen sollen. Auch viele Politiker sehen Risiken.

Berlin - Der Bundestag debattiert an diesem Donnerstag darüber, ob vorgeburtliche Bluttests auf Trisomie 21 von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden sollen. Eine Entscheidung steht bald im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) an, dem höchsten Organ der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Im Vorfeld der Debatte warnten etliche Politiker vor einer Kassenfinanzierung der vorgeburtlichen Bluttests. Diese würden „tiefgreifende ethische Fragen“ aufwerfen und könnten zum „Dammbruch“ im Umgang mit Behinderung werden, sagte Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne): „Nicht Selektion, sondern Inklusion ist der Weg, den wir gehen sollten.“

Erhöht sich damit die Zahl der Abtreibungen?

Warnende Worte kamen auch von kirchlicher Seite. „Wir appellieren an die Abgeordneten, keine Beschlüsse zu fassen, die im Resultat dazu geeignet sind, die Zahl der Abtreibungen zu erhöhen“, sagte Prälat Karl Jüsten, Leiter des Katholischen Büros Berlin der Bischofskonferenz, unserer Zeitung: „Die Kirche unterscheidet niemals zwischen lebenswert und nicht lebenswert, deshalb lehnt sie alle Tests ab, die zum Ziel die Selektion haben.“ Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, befürchtet, „dass die unhinterfragte Verfügbarkeit des vermeintlich harmlosen Instruments einer selektiven Mentalität den Weg bahnt“.

Von ärztlicher Seite gab es unterschiedliche Stimmen. Der Vorstand der Bundesärztekammer erklärte, die Bluttests könnten „eine sinnvolle Ergänzung zur vorgeburtlichen Risikoabklärung darstellen“. Der Zugang müsse „für alle Versicherten gleichberechtigt möglich sein“. Dagegen verlangt ein Runder Tisch, dem medizinische Fachgesellschaften und Sozialverbände angehören, ein Moratorium, also eine Denkpause. Eigentlich soll der GBA spätestens im Herbst entscheiden. Unterzeichnet wurde die Forderung auch von Nicolai Kohlschmidt und Alexander Scharf, Präsidenten des Berufsverbands Deutscher Humangenetiker und des Berufsverbands niedergelassener Pränatalmediziner.

Entscheidung anhand von Checklisten

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßt eine Kostenübernahme durch die Kassen. In keiner Fraktion des Bundestags gibt es eine völlig einheitliche Meinung dazu. FDP-Politiker Pascal Kober, dessen Fraktion mehrheitlich für die Kostenübernahme ist, sagte unserer Zeitung, der Bundestag müsse dezidiert Stellung beziehen: „Auf was alles soll vorgeburtlich untersucht werden dürfen, und verwischen wir nicht immer mehr die Grenze zwischen der Heilung von Krankheit und der Erfüllung von Wünschen?“ Die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Corinna Rüffer, sprach sich gegen die Übernahme aus: „Möchten wir ernsthaft, dass werdende Eltern zukünftig anhand von Checklisten entscheiden müssen, ob ihr Kind den gesellschaftlichen Erwartungen an Leistungsfähigkeit und Gesundheit entspricht?“