Der Abfahrts-Olympiasieger von 1976 in Innsbruck, Franz Klammer. Foto: dpa

Am Dienstag beginnt mit dem Super-G der Damen in Schladming die alpine Ski-WM – und die österreichischen Athleten stehen bei ihrem Heimspiel besonders unter Druck. Eine Situation, die Franz Klammer kennt. „Diese WM wird sehr speziell“, sagt der Abfahrts-Olympiasieger von 1976 in Innsbruck.

Stuttgart/Schladming – Am Dienstag beginnt mit dem Super-G der Damen in Schladming die alpine Ski-WM – und die österreichischen Athleten stehen bei ihrem Heimspiel besonders unter Druck. Eine Situation, die Franz Klammer kennt. „Diese WM wird sehr speziell“, sagt der Abfahrts-Olympiasieger von 1976 in Innsbruck.

Herr Klammer, erinnern Sie sich an den 22. Dezember 1973?
Natürlich. Damals habe ich in Schladming mein erstes Weltcup-Rennen gewonnen. Der erste Sieg bleibt immer etwas Besonderes – außerdem war es ein wirklich dramatisches Rennen. Es war eisig, die zwei Italiener sind über die Strohballen und in die Heuschober hineingeflogen, und wir sind einen für damalige Verhältnisse sehr hohen Geschwindigkeitsschnitt von 111 Kilometern pro Stunde gefahren.

Kürzlich in Wengen ist erstmals ein Rennläufer in einem Weltcup-Rennen über 160 km/h schnell gefahren . . .
. . . ja, aber ich glaube, auf der Geraden waren wir früher auch nicht viel langsamer. Der gravierende Unterschied heute ist die extrem hohe Kurvengeschwindigkeit. Das ging mit unserem Material früher noch nicht.

Gerade deshalb wird immer noch viel über die Sicherheit im alpinen Skisport diskutiert. Aber war das Risiko früher nicht noch viel höher?
Ich würde sagen: Damals war der Mut eines Rennläufers eine viel größere Voraussetzung für den Erfolg – zumindest in der Abfahrt. Viele haben sich nicht getraut, ans Limit zu gehen, was den Vorteil hatte, dass es weniger Stürze gab. Heute haben wir eine vermeintliche Sicherheit, ähnlich wie in der Formel 1. Wenn ich da einen Fehler mache, dreht es mich, aber dann fahre ich wieder auf die Strecke. Wenn ich früher einen Fehler gemacht habe, hatte es viel größere Konsequenzen. Diese Situation gibt es nicht mehr in der Formel 1, und auch beim Skifahren nicht mehr. Allerdings mit der Folge, dass die Geschwindigkeit oft unterschätzt wird – so dass es doch noch schlimme Stürze gibt.

Es gibt die verschiedensten Ansätze, den Skisport sicherer zu machen.
Ich weiß, aber eine absolute Sicherheit wird es nie geben. Natürlich: Ein Airbag ist gut, ein Helm ist auch gut. Aber: Wenn meine Knie kaputt sind, hilft mir kein Helm. Wenn es mich auf den Kopf schmeißt, brauch’ ich den Helm, aber dann hilft mir der Airbag nicht. Das ist eine schwierige Diskussion, auf der anderen Seite machen diese Risiken doch gerade den Mythos Abfahrtssport aus.

Ist die WM-Abfahrt 2013 denn noch vergleichbar mit der Strecke von 1973 oder mit 1982, als schon einmal eine WM auf der Planai stattfand?
Nein. Heute ist die Piste 100 Meter breit, es gibt keine Heustadel mehr, in die man reinfliegen kann, und dort, wo früher Strohballen oder Bäume waren, hängen nun Netze. Trotzdem bin ich froh, dass ich damals gefahren bin.

Warum?
Weil ich wusste: Es gibt Passagen, da kann ich eine halbe Sekunde gegenüber dem ganzen Feld herausholen. Solche Passagen gibt es heute nicht mehr, es ist von oben bis unten ein Kampf um jede Hundertstelsekunde.