Hier gibt’s definitiv kein Durchkommen mehr: Das Gitter auf dem Remstalradweg. Foto: Herrmann

Die vor wenigen Wochen fest im Boden verankerte, unüberwindbare Sperrung nahe der Vogelmühle Hohenacker hat sich offenbar herumgesprochen: Auf dem Rad- und Spazierweg entlang des Flüsschens sind kaum Menschen zu entdecken.

Oha, hier ist richtig was los: Sprinter preschen auf ihren schmalen Drahteseln übers Geläuf, dutzende Gassigeher geben ihrem jeweiligen Vierbeiner Auslauf, Familien auf Schusters Rappen schreiten durch die wunderbare Natur entlang des Flusses, Jogger bringen sich in Frühjahrsform. Ach, wie schön und lebendig ist es doch hier auf dem Remstalradweg. Allerdings nur auf der Etappe zwischen der Kernstadt von Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) und der Remsmühle bei Hohenacker.

 

Weiter hinten allerdings, gen Norden der Strecke, herrscht ziemlich tote Hose. Das war bis vor einigen Wochen noch anders. Bis dahin hatte die Stadt den eigentlich verbotenen Weg zwar mit ein paar Baken versperrt, aber Radler und Fußgänger konnten dieses Hindernis problemlos an der großzügigen Seitenfläche passieren. Das taten sie denn auch – viele, ja Hunderte vor allem an den Wochenenden, die diese wirklich imposante Strecke entlang der Rems bis nach Neckarrems erleben wollten, auch wenn es den Ordnungshütern in den Rathäusern nicht passt.

Uferabbrüche wegen Hochwasser

Das lockere Treiben inklusive der Ignoranz der Vorgaben hat allerdings seit gut einem Monat ein Ende. Mitte März hat die Stadt Waiblingen einige hundert Meter hinter der Remsmühle auf dem Remstalradweg eine feste Absperrung errichten lassen. Dabei handelt es sich um einen fest im Boden verankerten Zaun, der auf der linken Seite bis einen Meter in den Fluss reicht und rechts in den Hügel, wo dann eine Vielzahl an schräg liegenden Baumstämmen kein Durchkommen erlaubt.

Der neue Zaun ragt mindestens einen halben Meter in die Rems. Foto: Dirk Herrmann

Die von kritischen Radfahrern gelegentlich geäußerte Behördenwillkür wird von den beteiligten Verwaltungen allerdings vehement zurückgewiesen. Vielmehr sei die Sperrung quasi unausweichlich gewesen. Auf Anfrage schickt das Rems-Murr-Landratsamt ein mit dem Regierungspräsidium Stuttgart und der Waiblinger Stadtverwaltung abgestimmtes Statement: Zuständig für den Remstalradweg ist demnach die Stadt Waiblingen. „Zu der Ursache der Sperrung können wir mitteilen, dass es in Folge des Hochwasserereignisses im Juni 2024 zu Uferabbrüchen entlang des Remstalradweges kam. Aufgrund dieser Uferabbrüche wurde auch der Radweg so beschädigt, dass dessen sichere Nutzung nicht mehr gewährleistet ist. Aus Gründen der Verkehrssicherung ist daher diese Sperrung erforderlich.“

Der betroffene Streckenabschnitt befindet sich innerhalb des Naturschutzgebietes „Unteres Remstal“, des Flora-Fauna-Habitat-Gebietes „Unteres Remstal und Backnanger Bucht“ und des Vogelschutzgebietes „Unteres Remstal“ und entlang der Rems „als Gewässer erster Ordnung“. Folglich seien bei einer Sanierung dieses Streckenabschnitts diese wasser- und naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten und zu berücksichtigen.

Derzeit sind die Beteiligten nach Angaben der Landkreis-Pressesprecherin Isabelle Kübler dabei, eine passende Lösung für den Remstalradweg unter Beachtung der umweltschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis ist hierbei mit dem Amt für Umweltschutz involviert. Daneben ist auch das Regierungspräsidium Stuttgart eingebunden, es ist zuständig für das Naturschutzgebiet und für die Unterhaltung der Rems.

Sperrung gilt „bis auf Weiteres“

Genaue Angaben, wie lange die Sperrung anhalten soll, werden offiziell nicht gemacht. „Bis auf Weiteres“, hieß es kürzlich in einer Mitteilung einer der Behörden, gelte diese Regelung. Wenn man die feste Verankerung des stabilen Gitters berücksichtigt, sieht es eher nach einer Lösung für Jahre denn für Monate aus.

Ein Vorort-Besuch dieser Tage zeigt: Mittlerweile ist auf dem mehrere hundert Meter langen Abschnitt zwischen der provisorischen Absperrung durch Baken und der fix installierten Sperre fast gar nichts los. Offenkundig hat es sich mittlerweile durch unsere Berichterstattung oder durch soziale Netzwerke herumgesprochen, dass man anders als früher den Weg ab der Vogelmühle gen Norden vergessen kann und stattdessen die offiziell vorgesehene Umleitung oder eine andere Strecke außen herum wählen muss.

Auf der rechten Seite versperren kreuz und quer liegende Stämme am Hang den Weg. Foto: Dirk Herrmann

Nach circa 25-minütiger vergeblicher Wartezeit vor der Absperrung radelt der Reporter wieder zurück in Richtung Vogelmühle – und begegnet dann doch einer circa zehnköpfigen Wandergruppe, offenbar eine aus mehreren Generationen zusammengesetzte Familie. „Früher konnte man da immer noch weiter“, sagt eine Wanderin, aber das sei nun wohl nicht mehr möglich, konstatiert sie konsterniert mit Blick auf den festen Zaun in circa 200 Meter Entfernung. Man werde diese neue Information an andere Wanderfreunde weitergeben, so die Auskunft, bevor der Rückzug angetreten wird. „Wir werden schon eine Alternativstrecke finden, vielleicht auf der anderen Flussseite“, heißt es noch.

„Radwege an der Ostseeküste sind gefährlicher“

Einige Leserreaktionen sind mittlerweile auch bei unserer Zeitung eingegangen. Ein Uwe Schmidt nimmt Bezug auf einen Passus in unserem ersten Bericht, wonach manche per Pedelec und andere „auf altmodischem Weg per reiner Muskelkraft“ auf dieser wunderbaren Strecke unterwegs sind. Schmidt fragt nun: „Warum sollte es ,altmodisch’ sein, mit Muskelkraft zu radeln? Alle sprechen von Gesundheit, und gleichzeitig fahren heute bereits Zehnjährige E-Bike. Da spüren sie/die nichts. Ich fahre ohne. . .“

Ein weiterer Fast-Nachnamensvetter meldet sich aus dem Kreis Ludwigsburg, Wolfgang Schmid aus Kornwestheim. Er schreibt: „Es ist traurig, dass man nicht in der Lage oder Willens ist diese Schäden instandzusetzen und den Weg wieder passierbar zu machen. Übrigens gibt es an der Ostseeküste Radwege direkt an der Küste, die gefährlicher sind, aber frei.“ Vielleicht täten es auch Schilder „auf eigene Gefahr“. Schmids Mahnung: „So wie der Weg jetzt verrammelt ist mit dem Zaun, wäre zum Beispiel eine Passage durch ein Rettungs- oder Feuerwehrfahrzeug im Bedarfsfall nicht schnell möglich. Demnach ist diese Art der Sperrung keine Lösung.“