Zarah Yaprak aus Sindelfingen war als Friseurin bei der Fashion Week in New York und bekam dort nur wenig Schlaf.
Wenn eine eine Reise tut, dann hat sie was zu erzählen. Zarah Yaprak aus Sindelfingen, Friseurin im Ehninger Salon La Rosa, hat nicht nur eine Reise getan – sie flog nach New York, um an einem großen Event teilzunehmen, der New York Fashion Week. Sie arbeitete in der Großstadt aller Großstädte in ihrem Beruf, sie besorgte die Frisuren der Models, die für internationale Designer über die Laufstege schwebten, sie tauchte ein in den Glamour, die Betriebsamkeit, sie eilte eine Woche lang von Modenschau zu Modenschau, lernte, arbeitete, knüpfte Kontakte. Sie ist zurück. Sie sagt: „Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte, und noch besser!“
Zarah Yaprak ist 25, wurde geboren in Herrenberg und bewarb sich im Oktober 2024 über die Organisation „Grenzenlos“ für einen Arbeitseinsatz in New York oder Miami. Im Frühjahr erfuhr sie, dass sie nach New York reisen würde. Am 10. September war es soweit, am 16. September war es vorbei – eine Woche im Rausch von Mode und Geschäftigkeit. Die New York Fashion Week zählt mit ähnlichen Veranstaltungen in London, Paris und Mailand zu den bedeutendsten Modeschauen der Welt. Hier mit dabei zu sein, backstage, mit einer Schere, einem Lockenwickler, einer Nadel in der Hand, elektrisierte die Sindelfingerin.
Alle teilen sich die Arbeitsgeräte
Etwa 25 Friseurinnen aus Deutschland reisten mit „Grenzenlos“ Nach New York. Die Organisation „Grenzenlos“ hat sich zum Ziel gesetzt, Fachkräften des Friseurhandwerks Arbeitsmöglichkeiten in aller Welt zu vermitteln. Die Reisenden waren untergebracht in einem Hotel nahe des Times Square. „Am Morgen wurden wir eingeteilt, dann ging es zur Location“, erzählt Zarah Yaprak. Insgesamt vier solcher Locations gab es, verteilt in der ganzen Stadt, gebucht von unterschiedlichen Modedesignern. Zarah Yaprak arbeitete zumeist in der Angel Orsenanz Foundation in der Lower East Side Manhattan, einer ehemaligen Synagoge, die in den 1990er Jahren zur Galerie und zum Veranstaltungsort umgebaut wurde. „Im Beauty-Bereich lagen alle Tische voll mit Sachen. Jeder teilte sich die Arbeitsgeräte mit jedem, wir waren ein großes Team.“
Den Trubel, den enormen Druck auch, der auf allen lastete, genoss Zarah Yaprak. „Die Models“, sagt sie, „waren immer sehr herzlich, die Designer waren toll und nett.“ Vorgaben mit den Frisuren, die einzelne Designer sich wünschten, hingen als Zettel bei den Arbeitsplätzen der Friseurinnen. Spontaneität war sehr gefragt – die Friseurinnen mussten mitunter kurz auch für die Make-up-Artists einspringen, die die Models schminkten, mussten den Models in die Schuhe helfen, und manch ein Model eilte fast noch mit einem Lockenwickler auf dem Kopf auf den Laufsteg hinaus. „Einmal“, erzählt Zarah Yaprak, „bin ich einem Model mit dem Kamm hinterhergelaufen. Sie drehte sich um, um zu sehen, wer an ihren Haaren zupfte, sah, dass es eine Hairstylistin war, und sage: ‚Danke schön!‘“
In sechs Tagen nicht mehr als 14, 15 Stunden geschlafen
Ein wunderbares Chaos, sagt Zarah Yaprak, sei all dies gewesen, das schnelle, aber saubere Arbeiten, das Zusammenspiel von vielen, die Stimmung hinter der Bühne. Ob sie Prominenten begegnet ist, kann sie dabei gar nicht sagen. „Man hat gemerkt, dass welche da waren, wenn mehr Presse dabei war, vor allem abends, wenn die Kostüme auch aufwendiger wurden und das Stresslevel höher war.“ Und natürlich, sagt sie, sei sie bei all dem deutlich an ihre Grenzen gekommen: „Weil ich es wollte. Ich habe in sechs Tagen nicht mehr als 14 oder 15 Stunden geschlafen. Ich habe alles mitgenommen, was ich konnte. Ich habe einfach immer weiter gemacht. Und ich weiß nicht mehr, was ich gegessen habe.“
New York hat sie dabei gewissermaßen nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen. Die Stadt hinterließ einen kreativen, lauten, überraschend aufgeräumten Eindruck bei ihr. „Inspiration gibt es in New York an jeder Ecke. Die Stadt ist riesig, aber man kommt gut zurecht in ihr.“ Beiläufig kam Zarah Yaprak fast überall vorbei – in New Jersey, Little Italy, am Broadway beispielsweise – aber das Nachtleben erlebte sie nicht, und auch den Aussichtspunkt, den sie besuchen wollte, besuchte sie nicht. „Dafür sind wir bei Sonnenaufgang über die Brooklyn-Bridge gegangen, haben auf der anderen Seite gefrühstückt und sind dann zur nächsten Location gefahren.“
„Wie ein Träumchen“ kam Zarah Yaprak der Aufenthalt in New York, die Fashion Week vor. Fachlich profitierte sich vom Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt: „Wir hatten alle denselben Stil, aber jeder hatte seine Tipps und Tricks.“ Nun fühlt sie sich ganz verwandelt – und sie möchte weitermachen, nebenberuflich. In die USA, nach Paris oder Italien zu entfliehen ist nicht ihr Plan. In Ehningen im Salon zu stehen ist nach wie vor wichtig für sie. Aber sie weiß: Nun hat sie einen „Fuß in der Tür“, nun gehört sie mit zur Blase der Friseurinnen, die angefragt werden, wenn auf irgendeiner internationale Schau Kräfte benötigt werden.
Mehr Erfahrung sammeln
Sie hat Kontakte gesammelt zu Modemanagern, Models, Designern. Sie möchte nach Miami, zur Bikini Fashion Week, als nächstes, wiederum mit „Grenzenlos“, und sie träumt davon, eines Tages nach Mailand zu reisen. Hier kann „Grenzenlos“ ihr nicht alle Tür öffnen, das weiß sie. Um in Mailand dabei zu sein, muss sie noch Erfahrung sammeln, sich einen Ruf aufbauen. „Versace lassen einen nicht an ihre Models, wenn man nicht gute Vorkenntnisse hat.“
Und Zarah Yaprak denkt gerne noch zurück an jene Nächte in New York, in denen ihr Smartphone nicht still stand, in denen ein Model nach dem anderen dort aufleuchtete, das seine Friseurin bei der Fashion Week auf einer sozialen Plattform markiert und weiterempfohlen hatte.