Die AfD sieht sich im Aufwind. Immer mehr Anhänger bekennen sich zu ihrer Wahl. Foto: dpa

Die Spitze der Partei ist gut aufgestellt. Die Bandbreite reicht von populistisch bis konservativ und offenbart immer einen Hang zur Provokation.

Stuttgart - Die Aufgaben in der Führungsriege der AfD sind genau verteilt. Jörg Meuthen gibt der Partei einen bürgerlichen Anstrich, Frauke Petry vertritt den nationalkonservativen Flügel. Daneben machen die Spitzenkräfte aus dem AfD-Vorstand immer wieder mit populitischen Ausfällen von sich reden. Wir stellen die sechs wichtigsten Protagonisten vor.

Jörg Meuthen

Jörg Meuthen Foto: dpa
Jörg Meuthen ist das freundliche Gesicht der AfD und gilt als gemäßigter Rechter. Der 54-Jährige ist Chef der 23-köpfigen Landtagsfraktion in Baden-Württemberg und - neben Frauke Petry - einer der beiden Sprecher der Bundes-AfD. Meuthen lehrt Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaften an der Hochschule Kehl, ist dort Dekan der Fakultät. Der Professor ist sehr eloquent und eine seiner Aufgaben bestand in den vergangenen Wochen darin, die verbalen Ausrutscher der Scharfmacher in der Partei wieder zu glätten. Er gibt zu, dass manche Aussagen seiner Parteifreunde zu radikal sind, grenzt sich aber nicht wirklich offensiv von rechten Strömungen innerhalb der AfD ab. In einem Interview sagte er einmal, dass er ein Gegengewicht zu den Rechtskonservativen im neuen Parteivorstand bilden wolle. Gerne vergleicht er die AfD mit den Grünen der Anfangsphase: auch da habe es Realos und Fundis gegeben. Bei der Alternative für Deutschland habe man ebenfalls ein gewisses Spektrum, aber die gemäßigten Kräfte würden sich auf Dauer durchsetzen.

Frauke Petry

Frauke Petry Foto: dpa
Es gibt wenige Politiker in Deutschland, die so selten wie Frauke Petry in der „Ich“-Form sprechen. Wenn sich die Vorsitzende der AfD zu Reizthemen wie Flüchtlingspolitik oder Innere Sicherheit äußert, präsentiert sie sich stets als Sprachrohr ihrer Partei oder als Stimme der „besorgten Bürger“. Vor knapp einem Jahr verdrängte sie den wirtschaftsliberalen Parteigründer Bernd Lucke von der Spitze. Petry schärft seitdem das Profil der AfD als rechtspopulistische Partei.

Die gebürtige Dresdnerin zeigt wenig Scheu vor Herausforderungen. Die 40-Jährige ist Wissenschaftlerin, Mutter, ehemalige Unternehmerin und seit Juli 2015 Bundesvorsitzende der AfD. Die promovierte Chemikerin kam 2013 ohne politische Erfahrungen zur Alternative für Deutschland. Doch in den östlichen Bundesländern, wo viele unzufriedene Wechselwähler leben, hat ihr das sogar einen gewissen Vertrauensvorsprung verschafft. Seit Herbst 2014 führt Petry die AfD-Fraktion im sächsischen Landtag. Sie galt von Anfang an als Vertreterin des im Osten sehr starken rechtsnationalen Parteiflügels - aus Sicht ihrer Gegner aber vor allem aus Kalkül, weniger aus ideologischen Gründen. Petry hat aus ihrer Ehe mit einem evangelischen Pfarrer vier Kinder, inzwischen ist sie mit dem NRW-Landeschef Marcus Pretzell liiert. Wenn Petry bei Wahlveranstaltungen oder auf Parteitagen spricht, bildet sie kurze, einfache Sätze. Ihren Politikstil beschreibt sie selbst als „konstruktiv mit einem gelegentlichen Hang zur Provokation“.

Alexander Gauland

Alexander Gauland Foto: dpa
Alexander Gauland ist ein Polit-Profi. Der heute 75-Jährige war einst Vertrauter des hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann (CDU) und leitete von 1987 bis 1991 die Hessische Staatskanzlei. Nach der Wende wurde der Herausgeben der in Potsdam erscheinenden Tageszeitung Märkische Allgemeine. Eigenen Aussagen zufolge fühlte sich Gauland pudelwohl beim „Stahlhelmflügel“ der Union und vertrat dort deftigen Ansichten über interessengeleitete Außenpolitik und übertriebene Demokratievorstellungen. Doch als die CDU sich modernisierte und den nationalkonservativen Flügel an den Rand drängte, begann der ehemalige Christdemokrat mit der Partei zu fremdeln.

Aufgewachsen in der DDR und dann in die Bundesrepublik geflohen, verkörperte er ganz die klassische konservativ-bürgerliche CDU. Diesen Profilverlust beklagte er häufig bitterlich und trat schließlich nach 40 Jahren Mitgliedschaft aus der Partei aus – und in die Alternative für Deutschland (AfD) ein. Dort fand er genau das Milieu, das er in der CDU vermisste. Schnell stieg er zum Spitzenkandidaten im Brandenburger Wahlkampf auf und erreichte mit zwölf Prozent das beste AfD-Ergebnis überhaupt. Dazu half ihm sicher seine Bekanntheit, aber auch sein völlig schmerzfreier Umgang mit DDR-Nostalgie. Im Brandenburger Landtag fungiert er als Alterspräsident.

Der 75-Jährige provoziert mit zynischen Aussagen zur Flüchtlingskrise, die er mit einem „Wasserrohrbruch“ verglich. Die Grenzöffnung für Flüchtlinge im September nannte er ein „Geschenk“ für die AfD. Gauland vertritt lautstark einen pro-russischen Kurs und hat früh das Potenzial deutsch-russischer Wähler für die AfD erkannt.

Beatrix Storch

Beatrix von Storch Foto: dpa
Beatrix von Storch ist eines der Aushängeschilder des rechten Flügeln in der AfD. „Konservativ-liberal, bürgerlich-patriotisch“ bezeichnet sie ihre politische Ausrichtung. Ihre Gegner nennen sie hingegen reaktionär. Von Storch hält die EU für undemokratisch. Sie kämpft gegen Abtreibung und die Gleichstellung Homosexueller. Damit spricht die Protestantin von Storch auch gezielt konservative, bibeltreue Christen an, denen das „C“ in CDU und CSU zu sehr zur Folklore verkommen ist. Auch im Umgang mit Flüchtlingen gehört von Storch zu den Hardlinern der AfD. Sie war es auch, die in einem Kommentar auf ihrer Facebook-Seite die Frage mit „Ja“ beantwortete, ob man Frauen mit Kindern notfalls mit Waffengewalt am Grenzübertritt stoppen solle. Später ruderte sie zurück.

Die 44-Jährige sitzt für die AfD im Europaparlament und gehört dort bal der EFDD-Fraktion um Nigel Farange an, dem Vorsitzenden der rechtspopulistischen UKIP. Im vergangenen Jahr stieg sie zur stellvertretenden AfD-Parteichefin auf, außerdem führt sie den Berliner Landesverband, der sich berechtigte Hoffnungen machen darf, im Herbst ins Abgeordnetenhaus einzuziehen.

Auch als GEZ-Verweigerin ist Beatrix von Storch bekannt: Ihr wurde am 1. April ihr Konto gepfändet, weil sie ihre Rundfunkbeiträge nicht bezahlt hatte. Die AfD fordert die Abschaffung der GEZ-Gebühren.

Björn Höcke

Björn Höcke Foto: dpa
Björn Höcke wendete sich, wie viele der AfD-Mitglieder, enttäuscht von der CDU ab. 2013 gehörte der Lehrer für Sport und Geschichte zu den Gründern der Alternative für Deutschland in Thüringen. Bei der Landtagswahl in Thüringen 2014 war Höcke Spitzenkandidat der AfD und errang über die Landesliste seiner Partei ein Mandat im Landtag. Bundesweit medial bekannt wurde der 44-Jährige durch einen Auftritt bei Günther Jauch, bei dem er als Zeichen seiner nationalen Gesinnung zum Anfang der Sendung ein Deutschland-Fähnchen über seine Sessellehne legte. Im Anschluss distanzierten sich die AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen von Höckes Auftreten. Noch einmal von sich reden machte der Politiker, als er Afrikanern eine auf Bevölkerungsüberschuss abzielende Reproduktionsstrategie andichtete. Auch seine Forderung nach einem Nato-Austritt Deutschlands erregte einiges Aufsehen. Unbestritten ist seither, dass Höcke zum national-völkischen Flügel der Partei gehört, ihm werden auch immer wieder Berührungspunkte zur Szene der Neonazis nachgesagt. Die „New York Times“ bezeichnete den AfD-Politiker als „neues Gesicht des Rassismus in Deutschland“.

Marcus Pretzell

Markus Pretzell Foto: dpa
Der smarte 42-jährige Markus Prezell ist insbesondere als Lebensgefährte Petrys bekannt: Das AfD-Powerpaar inszeniert sich gern in der Öffentlichkeit. Politisches Gewicht hat der Jurist und vierfache Vater aber schon länger, er ist nordrhein-westfälischer Landeschef und AfD-Europaabgeordneter. Auf dem Essener Parteitag 2015 brachte er den Saal mit Sätzen wie diesen in Wallung: „Sind wir die Anti-Euro-Partei oder die Pegida-Partei? Wir sind beides und noch viel mehr.“ Pretzell verfolgt – wie die meisten seiner Parteigenossen – einen demonstrativ pro-russischen Kurs. Dass er kürzlich mit einem russischen Visum die von Moskau annektierte Krim besuchte, erzürnte die Ukraine. Aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im EU-Parlament wurde Pretzell unlängst ausgeschlossen. Sein Ziel für die AfD: 2021 als stärkste Partei den Bundeskanzler stellen.

Hier noch eine Dokumentation über die Alternative für Deutschland in der ARD. Die Reportage fragt nach den Motiven der Unterstützer und nach dem Verhältnis der AfD zur Demokratie: