Durch Farbe wird die Brücke zum Portal. Foto: Jürgen Brand /Jürgen Brand

Wenn die Interimsfeuerwache unter der Brücke nicht mehr gebraucht wird, sollen die Bauten gesellschaftlichen Zwecken dienen.

S-Süd - Die Feuerwache 1 Süd an der Heusteig- und der Katharinenstraße in der Innenstadt wird für 33,56 Millionen Euro neu gebaut. Eine Sanierung war nicht mehr sinnvoll. Während der Bauphase bis 2025 braucht es eine Zwischenlösung in der Nähe. Eine Machbarkeitsstudie ergab, dass die Fläche unter der Paulinenbrücke für einen Interimsbau geeignet wäre. Dieser bleibt nach dem Auszug der Feuerwehr in großen Teilen bestehen und wird dann für zivilgesellschaftliche Zwecke genutzt.

Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe für die Architekten, die nicht nur Zweckbauten mit recht spezifischen Ansprüchen zwischen den Pfeilern einer Brücke einpassen, sondern diese auch noch so flexibel planen müssen, dass sie später für alle möglichen, noch gar nicht definierten Nutzungen taugen.

Käseecke als Büro

Das Büro Search aus Stuttgart hat jüngst seine Planungen im Gestaltungsbeirat vorgestellt. Nun wurden sie auch im Bezirksbeirat Süd, gemeinsam mit Bezirksbeiräten in Mitte diskutiert. Für den Architekten Stephan Eberding ist die Priorisierung klar: Natürlich müssen die Bauten als Feuerwache funktionieren. „Aber drei Jahre sind kurz. Eigentlich kommt es auf die Zeit danach an.“

Bei den Planungen hätten die Stützen der Brücke „den Takt vorgegeben“. Zwischen sie soll unter der nördlichen Hälfte der Brücke ein dreieckiges Gebäude gebaut werden, das „Käsestück“, wie Eberding sagt. Der Feuerwehr wird es als Bürotrakt dienen und auch später sollen hier ein Büro sein aber auch Raum für Ausstellungen und Präsentationen. Es verfügt über ein großes Schaufenster, wodurch sich der Bau nach außen öffnet und einladend wirkt.

Urbaner Saloon mit Küche und Klo

Auf der südlichen Hälfte befindet sich die Fahrzeughalle mit Rolltoren. Hier soll später das Stadtlabor residieren. Denkbar sind in den hohen Räumen, Kinoveranstaltungen, Foodtrucks und Versammlungen aller Art. Der Abstand zur Brücke oben ist festgelegt, weil immer auch Arbeiten am Brückenbauwerk möglich sein müssen. Es soll ein flexibles Dach geben, sodass der Raum im Winter dicht gemacht werden kann.

Ein Plus-Energie-Haus, wie vom Grünen-Bezirksbeirat Philipp Buchholz gefordert, sei unter diesen Bedingungen nicht möglich, so Architekt Stephan Eberding. Schwierig werde es auch mit dem Schallschutz, weil es zu wenig Fassaden gebe, die isoliert werden könnten.

Der hintere südliche Abschnitt unter der Brücke wird der Aufenthaltsbereich für die Feuerwehrleute mit Sanitäranlagen und Küche. Die Container sollen später abgeräumt oder zumindest reduziert werden. Architekt Eberding stellt sich vor, dass nur Küche und WC bestehen bleiben, sodass die restliche Fläche flexibel genutzt werden kann. Seine Idee: ein „urban Saloon“ mit Gastronomie, die allerdings durchmischt sein sollte. Kommerzielle Gastronomen, Foodsharing und Vesperkirche sollten hier Stand an Stand koexistieren. „Die Kunst wird sein, die Waage zu halten, damit es nicht kippt. Es sollte schick sein, dort hinzugehen.“ Dafür sei soziale Kontrolle und eine gute Einsehbarkeit des Bereichs notwendig, weshalb der Architekt dafür plädiert, die Fläche möglichst frei zu lassen. Er ist ferner davon überzeugt, dass die sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen unter der Brücke professionell begleitet werden müssen, damit es gut läuft. Es brauche Zuständige, die im „Käsestück“ ihr Büro haben könnten.

Rot oder elefantengrau?

Für Diskussion sorgte das Farbkonzept des Büros Search. Die Einbauten unter der Brücke selbst sollen Metallfassaden erhalten, um das dürftige Licht unter der Brücke ein bisschen zu verstärken. Die geäußerte Befürchtung, dass dadurch die Umgebung aufgeheizt würde, konnte Eberding entkräften, dafür seien die Flächen zu klein. Farbe indessen erhält alles drumherum. Der Brückenabschnitt, der sich über die Tübinger Straße spannt, soll in feuerwehrrot leuchten. Das habe die Anmutung eines Portals, so Architekt Eberding, „und visualisiert das Tübinger Tor, das hier einmal gestanden hat“. In der Tat verändert der Farbeingriff den Charakter des Straßenraums enorm, wie die Pläne zeigten. Vielleicht erntete diese Idee deshalb auch den vehementesten Widerspruch. „Ich finde man sollte das historische Bauwerk in seinem elefantengrau belassen“, meinte Bezirksvorsteher Raiko Grieb. CDU-Bezirksbeirat Roland Petri stufte die Bemalung sogar als „gefährliche Idee“ ein. Auf wenig Widerstand stieß die farbliche Gestaltung der Bodenfläche. Jeder funktionelle Abschnitt ist auch farblich gekennzeichnet.

Für einige Diskussionen dürfte noch die verkehrliche Situation an der Tübinger Straße sorgen – nicht nur aber insbesondere, solange die Feuerwehr die Fahrradstraße nutzt. Aber auch die Zu- und Ausfahrt zur Parkgarage im Gerber birgt Zündstoff.