Die PV-Kraftwerkergesellschaft aus Göppingen baute auch den Solarpark Gruibingen entlang der Autobahn 8 und ging noch im selben Jahr in die Insolvenz. Foto: Archiv/Horst Rudel

Die sonnigen Zeiten in der chilenischen Atacamawüste sind vorbei. Ein Solarparkbauer aus Göppingen steht wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs vor Gericht.

Göppingen - Mehr als elf Millionen Euro Schulden und offenbar eine ganze Latte an Zivil- und Strafrechtsauseinandersetzungen stehen am Ende der Unternehmensgeschichte der Solartechnikfirma PV-Kraftwerker aus Göppingen. Ihr Inhaber und Geschäftsführer muss sich seit Mittwoch vor dem Göppinger Amtsgericht wegen Insolvenzverschleppung, Betrugs und Unterschlagung verantworten.

Offene Rechnungen in Höhe von 11,3 Millionen Euro

Sind die politischen Rahmenbedingungen am Niedergang des Unternehmens mit schuld? Oder hat die PV-Kraftwerkergesellschaft einfach schlecht gewirtschaftet, geleaste Baufahrzeuge unterschlagen, die Zeche für die Unterbringung von Monteuren geprellt, den Betrieb sehenden Auges an die Wand gefahren und damit fast 300 Gläubiger geschädigt, die offene Rechnungen und Schadenersatzforderungen von insgesamt 11,3 Millionen Euro geltend machen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich nun das Göppinger Schöffengericht, das dazu zwei Verhandlungstage angesetzt und insgesamt acht Zeugen geladen hat.

Der 45-jährige Landwirt und Unternehmer aus Schlat machte zum Prozessbeginn „die Politik“ mitverantwortlich für den Niedergang seines Unternehmens, das er von 2007 an als Geschäftsführer leitete. Ob der Unternehmer damit die seit Jahren zurückgehende Einspeisevergütung für Solarstrom und die dadurch steigende Zurückhaltung von Investoren für Solarparks meinte oder etwas anderes, blieb offen.

Einstieg in einen zunächst lukrativen Geschäftszweig

Der Einstieg ins Solargeschäft mit dem Bau von Solarparks, samt der Montage von Fotovoltaikmodulen auf Unterkonstruktionen, die Umzäunung und die Wartung solcher Anlagen hatte sich offenbar zunächst als lukrativer Geschäftszweig mit Gewinnmargen von bis zu 30 Prozent erwiesen. Mehrere Solarparks hat die Gesellschaft PV-Kraftwerker, die bis zu 140 Mitarbeiter zählte, offenbar auch gebaut, wie gut die Auftragslage wirklich war, wurde bei Prozessbeginn nicht deutlich.

Lohnrückstände und Kontopfändungen

„Es war weniger da an Projekten als angegeben“, bilanzierte der Insolvenzverwalter, der, nachdem das Amtsgericht Göppingen im Herbst 2013 das Insolvenzverfahren eingeleitet hatte, die Bücher prüfte. Zuvor hatte es einen Baustopp eines Parks in Wismar gegeben, und ein Projekt in Sonderhausen konnte wegen der Insolvenz nicht beendet werden. Gearbeitet wurde noch an einem Dreimegawattpark in der chilenischen Atacamawüste. Im Kreis Göppingen weihte der Unternehmer noch im Frühjahr 2013 den Solarpark nahe der A 8 mit einer Leistung von 1,2 Megawatt ein. Spätestens von da an muss es mit dem Betrieb steil bergab gegangen sein. Wie sich jetzt vor Gericht herausstellte, gab es seit März 2013  Lohnrückstände, die Geschäftskonten wurden immer wieder gepfändet. Wegen ausstehender Beiträge stellte der Sozialversicherungsträger damals einen ersten Insolvenzantrag – zunächst vergeblich.

„Wir hatten so viele Aufträge in petto, und da es jahrelang in der Solarbranche hoch und runter ging, dachte ich 2013, ich kann die Firma locker retten“, beschrieb der Unternehmer die damalige Lage. Doch dann seien 90 Prozent seiner Kunden insolvent gegangen. Ein Bankmitarbeiter beschrieb als Zeuge das Geschäftsgebaren des 45-Jährigen mit den Worten: „Er war meist im Außendienst bei den Kunden unterwegs und hat die kaufmännische Seite etwas vernachlässigt. Vermutlich ist das Ganze deshalb den Bach runtergegangen.“