Während AfD-Chef Jörg Meuthen urlaubt, beantragen die beiden zerstrittenen AfD-Fraktionen im Landtag einen Untersuchungsausschuss. Foto: dpa

Grüne, CDU, SPD und FDP wollen den von der AfD beantragten Untersuchungsausschuss verhindern. Notfalls müsse der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg über die Zulässigkeit entscheiden, sagen sie.

Stuttgart - Für die Alternative für Deutschland und ihre Abspaltung, die Alternative für Baden-Württemberg (ABW), ist die Sache klar: „Unsere Wähler hätten kein Verständnis dafür, wenn wir die uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel nicht nutzen würden“, sagte Rainer Podeswa von der ABW, der größeren Gruppe um AfD-Chef Jörg Meuthen. Christina Baum von der AfD sieht die Aktion der beiden zerstrittenen Gruppen im Landtag, die sich Anfang Juli getrennt haben und derzeit mit Hilfe eines Mediators wieder zusammenfinden wollen, als wichtiges Signal an die AfD-Wähler. Vor einer Wiedervereinigung wollen die beiden Fraktionen ihre vielleicht einmalige Chance nutzen und einen Untersuchungsausschuss einrichten – die schärfste Waffe der Opposition.

Das wollen die anderen Fraktionen im Landtag unter allen Umständen verhindern. Notfalls müsse der Verfassungsgerichtshof entscheiden, sagte Andreas Stoch, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, am Donnerstag. Er hält den Antrag für ein riesiges Ablenkungsmanöver der zerstrittenen AfD-Fraktionen, um die Parteibasis vor dem Parteitag zu besänftigen. Damit missbrauchten sie das Instrument des Untersuchungsausschusses. „Einerseits versuchen sie, mit Hilfe eines Moderators wieder zusammenzukommen, andererseits wollen sie sich Vorteile verschaffen, die ihnen gar nicht zustehen.“

Nach der Geschäftsordnung des Landtags muss ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, wenn 25 Prozent der Abgeordneten dies fordern – oder zwei Fraktionen. Da ein vom Landtag in Auftrag gegebenes Gutachten kürzlich zum Ergebnis kam, dass es sich bei der AfD-Abspaltung ABW auch um eine Fraktion handle, beantragten AfD und ABW am Mittwoch einen Untersuchungsausschuss. Das Gremium, dem je drei Grünen- und CDU-Abgeordnete sowie je einer von SPD, FDP, AfD und ABW angehören würden, soll klären „in welchen Dimensionen der Linksextremismus in Baden-Württemberg verbreitet ist“ und ob „diese linksextremen Strukturen von Seiten der gewesenen oder derzeitigen Landesregierung, Parteien, der Verwaltung, der Behörden oder dem Landtag toleriert, gefördert oder geschützt wurden“.

Wie ABW-Fraktionschef Meuthen zu dem Antrag steht ist unklar. Er war in den vergangenen Wochen in Urlaub und wolle sich erst am Montag wieder äußern, sagte ein Sprecher. Auffallend ist, dass der am Donnerstag noch einmal überarbeitete Antrag statt Meuthens Unterschrift jetzt die seiner Stellvertreter Podeswa und Heinrich Fiechtner.

FDP will Gutachten überprüfen lassen

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz bezweifelt, dass der Antrag überhaupt zulässig ist. Solche Fragen müssten durch Fachgespräche oder eine Enquetekommission geklärt werden. Untersuchungsausschüsse befassten sich nämlich mit „abgeschlossenem Regierungshandeln“. Die AfD sei vor allem daran interessiert, die eigenen Reihen wieder zu schließen. „Durch diesen Missbrauch fügt sie dem Vertrauen in den Parlamentarismus und den Landtag massiven Schaden zu und fördert so die Politikverdrossenheit.“

Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sieht es als Fehler an, dass der Landtag vor drei Wochen dem Gutachten von drei Professoren folgte und die Abspaltung um Meuthen als Fraktion anerkannt hat. Das Gutachten sei alles andere als überzeugend, sagte er. Der Landtag müsse vor das Landesverfassungsgericht ziehen mit dem Ziel, die Bildung der zweiten AfD-Fraktion wieder rückgängig zu machen. „Dann ist Schluss mit der Erschleichung von Steuergeldern und der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zur Selbstbestätigung.“

Auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart hält eine gerichtliche Klärung für unausweichlich – über den richtigen Weg will die CDU bei ihrer Fraktionsklausur Mitte September entscheiden. „Der Zweck des Untersuchungsausschusses ist der Minderheitenschutz, da in der Regel zwei Parteien mit ihren Fraktionen einen solchen Ausschuss beantragen können“, sagt er. Die AfD nutze die Spaltung und Dissens innerhalb einer Partei aus, um im Konsens einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. „Das ist widersprüchlich und missbräuchlich.“ http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.der-landtag-und-die-afd-der-staatsgerichtshof-soll-entscheiden.61bda913-0c24-4419-a598-0451e98666b3.html http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.interview-mit-afd-mediator-gernot-barth-gesichtswahrung-ist-etwas-ganz-wesentliches.80d90b5e-5e41-4061-a6d4-c28014b49397.html